Dies ist der letzte bekannte Brief von Alwine Kaminski, bevor sie in Bruchsal/Baden
im Luftschutzkeller bei einem Bomberangriff ums Leben kommt. Sie schreibt ihn
drei Tage vor ihrem Tod.
Bruchsal/Baden, d. 26.II 45.
Meine liebe Ursel!
Für Deinen lb. Brief vom 4. den ich am Freitag erhielt, herzl. Dank. Schon
gestern wollte ich Dir schreiben, ich konnte aber keinen klaren Gedanken fassen.
Wir sind wohl 20 mal in den Keller gerannt. Von gestern morgen 8°° Uhr
bis 18°° Uhr hatten wir Vollalarm. Dauernd waren die Flieger über
uns u. das ist ein unheimliches Gefühl, nach den Erfahrungen die wir gemacht
haben. Aber wenn sie keine Bomben werfen, dann sind wir schon froh. Heute bin
ich zu Hause. Ich weiß nicht ob ich es Dir schon schrieb, neulich im Werk
bin ich beim Laufen tüchtig gefallen. Nun habe ich mir die Hand verstaucht
und mehrere kl. Prellungen. Es hätte aber können schlimmer werden. Bei
den augenblicklichen Zuständen mach ich nicht mehr aus dem Hause gehen. Die
nötigsten Besorgungen werden vor Tagesgrauen erledigt.
Heute bekam ich einen Brief von Paul u. Vater. Paul schrieb mir, daß er
ziemlich viel Arbeit hätte u. Du dabei wohl zu kurz gekommen seiest. Aber
Du verstehtst das ja. Ich hatte ihm von hier seine Armbanduhr geschickt, die ist
gut angekommen. Auch schreibt Paul, genau wie Du, von Eurer Heirat. Liebe Ursel,
das müßt Ihr beiden am besten wissen.Ob ihr einen Moment früher
heiratet, das ist schließlich egal. Zu gerne wäre ich ja bei Eurer
Hochzeit dabei. Aber bei diesen Verhältnissen kann man nichts sagen. Die
Reise wird zu beschwerlich sein. Aber das ist alles kein Grund für Euch zu
warten. Wir werden später alles nachholen. Ich wünsche Euch nur das
allerbeste. Hoffentlich ändern sich die schweren Zeiten auch bald. Wir wollen
das Beste hoffen.
Vati (Alwines Mann) geht es gut. Er schreibt auch, daß ich nach dort
kommen soll. Aber ich kann heute noch nichts Genaues sagen. Vielleicht kommt er
zu Eurer Hochzeit. Das ist ja nicht so weit. Nun sei Du u. Deine lb. Eltern recht
herzl. gegrüßt Deine Mutti.
Seitdem Ihr beide nicht mehr in Freiburg seid, habe ich manchmal richtig Heimweh
nach Norddeutschland. Vielleicht komme ich einen schönen Tages doch dort
an. Aber ich habe hier vorher viel zu regeln. Arbeitsamt, Wohnung, Möbel
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