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Wolde, den 11. März 1870


Meine herzliebe Elwine!
Es ist recht lange her,
seit ich Dir zuletzt schrieb u. Deine Antwort auf meinen Brief, die ich vor 8 Tagen erhalten, mahnt mich wieder ans Schreiben. Ich muß nun schon immer daran, Euch Nachrichten von uns zu geben, die Geschwister würden es gar zu lange verschieben. In den beiden letzten Wochen bin ich aber mehr vom Hause als zu Hause gewesen, täglich auf Schulfahrten u. von Sonnabend bis Montag in der Stadt, wo ich für Heise ehstnisch predige. Gestern haten wir das Vergnügen, auf einer Schulfahrt mit dem Kutscher aus dem Schlitten geschleudert zu werden von dem durchgehenden Pferde, (dem alten schwarzen), ohne daß mir etwas widerfuhr, bis auf eine kl. Verstauchung des Daumens. Seit bald 14 Tagen ist Hans wieder unser Hausgenosseee. Donnerstag d, 26. Febr. spät Abends überraschte er uns ganz unerwartet. Er war in einem Tage mit der Briefpost aus Pernau gekommen. In Kelp hat er quittiert, nicht daß er mit Oldekops nicht zurechtgekommen wäre, mit dem er vielmehr bis zuletzt im besten Einvernehmen gestanden, sondern weil er mit den schauderhaften Bauern es nicht aushalten konnte, die ihn immerfort geärgert u. von denen einige ihm schon einige Male gedroht hatten, ihn totzuschlagen, weil er streng gegen sie aufgetreten ist. Für`s Erste bleibt er nun hier u. übernimmt das Pastorat in Arrende, bis sich für ihn eine Aussicht im Ausland findet. Smirnoy in Pernau, den Du vielleicht auch kennst, da er u. seine Frau mit den Geschwistern dort freundschaftlich verkehren, der sich im Oeselschen Gut ....... angekauft hat u. im Frühling hinzieht, hat Hans versprochen, eine gute Stelle zu verschaffen. Da Hans im Russischen noch schwach ist, so soll er vor Antritt der Stelle auf ein paar Monate zu Smirnoys ziehen, um die Sprache zu erlernen. Laß sehen, wie es weiterhin also geht. Die Zeit bei Höppner u. Oldekops scheint der Junge nicht umsonst zugebracht zu haben. Wollen sehen, was er nun hier losläßt. Mühe wird er sich schon geben, um etwas aus dem Boden herauszubringen, was natürlich sein eigenes Interesse sein muß.
Sein Hauptaugenmerk hat er auf Viehzucht gerichtet Wiesen u. Turmigs zu bauen anfangen. So leicht werden`s die Pastoratsbauern nicht haben, wie bisher. Sie haben genug gefaulenzt. Hans ist frisch u. gesund u. kräftig geworden. Sonnabend fuhr er mit mir zur Stadt und suchte seine alten Freunde u. Bekannte wieder auf. Heute war er auf einer hier veranstalteten Wolfsjagd auf der aber kein Wolf erlegt worden ist. Einer ist nur gesehen worden u. hat die Kette durchbrochen. Schaden sollen die Bestien genug gemacht haben.-
Mit Christels Befinden geht es immer noch schwach. Heute Abend hatte sie wieder rheumatische Schmerzen hinter dem Ohr. Eben nimmt sie ein Salzbad. Die Kräfte werden immern noch nicht zunehmen. Adele wirtschaftet natürlich allein u. emsig. Von den Geschwistern aus Pernau haben wir keine späteren Nachrichten, als die Hans mündlich mitbrachte. Sie waren damals gesund.
Wenn wir auch still leben u. keinen Besuch außer ab u. an aus Jöör haben, so können wir natürlich jetzt nicht über Einsamkeit klagen. Es geht ja auch dem Frühling entgegen, obgleich man noch wenig davon merkt, es im Gegentheil noch recht kalt u. winterlich ist. Die Schlittenbahn ist fast ganz dahin u. nur Waldwege sind noch im Schlitten zu passieren. Wahrscheinlich werden wir ein spätes Frühjahr bekommen. Aus unserer projektierten Pernauschen Reise ist nichts geworden, da die Bahn bei dem damaligen Schneewetter ganz abging u. es war vielleicht auch um Christels willen recht gut. Hans hat die Reise hierher im Postwagen gemacht. Wir haben uns von Herzen gefreut, daß Du nach den schweren Zeiten in Camby in Reval ein ruhiges u. stilles Asyl gefunden hast, u. Deine Hausgenossen Dir mit viel Freundlichkeit entgegenkommen. Gott gebe, daß es imer so bleibe. Wann wird denn Freundin Louise ihre Reise nach Rußland antreten?
Wenn sie fort ist, wirst Du es viel einsamer dort haben. Der barmherzige Gott schicke Deinem Herzen Frieden in Ihm u. mache es recht stille.Unser Herz wird zufrieden u. stille allein, wenn wir wissen, daß wir auf seinen Wegen gehen u. wir unseren Willen beugen. Er segne Dein Tagewerk u. sei Dein starker Schirm u. Schatz. Die erste Passionszeit, in der wir jetzt stehen, führe auch Dein Herz in die rechte Buße unter das Kreuz unseres hochgelobten Heilands. 'Sterben wir mit ihm, so leben wir mit Ihm.

Mit herzlichsten Grüßen von den Geschwistern
befielt Dich theures Kind
den treuen Gnadenhänden unseres Jesu

in herzlicher Liebe Dein alter Vater
B.Fk.

Das blaue Garn ist Sontag nebst den übrigen Sachen endlich glücklich angekommen.

Bitte einliegenden Brief an Tante Auguste zu schicken.

Der alten Generalin u. Deiner Freundin bitte ich uns zu empfehlen.


D. Hrg: Anmerkung: Tante Auguste Heinecke geb. Johannson ist die Schwester von Helena Constantia Frank geb. Johannson.





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