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Finnland 2006. Gelb- und Ockertöne können die Besucher
Finnlands im Herbst genießen. Die Birken lassen jetzt ihr Laub fallen.
Schiffsfahrten auf dem Saimaa sind schon nicht mehr möglich, auch
die meisten Campigplätze haben ab Ende September aus klimatischen
Gründen geschlossen. Hotels sind relativ teuer. Die Wintersaison
lässt noch auf sich warten. So sind in diesem dünn besiedelten
Land im Herbst nur wenige Touristen unterwegs.
Die Fahrt mit der Fähre Travemünde-Helsinki ist auch bei Herbststürmen
angenehm. Das Essen und sogar die preiswerteren Kabinen entsprechen einem
3-Sterne-Hotel. Am Buffet gibt es auch mal Elch und Ren, Lachs sowieso.
Die Pkw stehen salzwassergeschützt im Innenraum der Fähre. Der
Hubschrauberlandeplatz eignet sich bedingt zum morgendlichen Joggen: Schlechtes
Licht, glitschiges Deck. Es gibt zwar einen Mini-Fitness-Raum, aber nur
ein Laufband - kaputt. Die Sauna ist selbstverständlich in Ordnung.
Geniessen Sie die Hafenein- bzw. ausfahrt in Travemünde. Sie eröffnet
von den oberen Decks einen wunderschönen Blick auf die nächtliche
Stadt, die wie eine Miniaturlandschaft wirkt.
Sitz- und Arbeitsplätze auf den Fähren ausserhalb der Essenszeiten
sind rar und schwer zu finden. Dieser Platz liegt auf dem Brückendeck
und ist nicht ausgeschildert. Einfach mal die Türen im Treppenhaus
probieren. Er wird wenig frequentiert.
Der Ausblick
ist durch die grossen Fenster wunderschön. Man sieht Wasser, Wellen,
Schiffe, Zugvögel und manchmal unidentifizierbares Land am Horizont.
Aus lauter Langeweile bemühen wir uns, herauszufinden, wozu es gehört.
Wir haben kaum eine Chance. Eine Fähre ist eben kein Flugzeug. Dort
sind Reiseinformationssysteme Standard. Ich hab es nach unergiebigen Versuchen
mit Zeitrechungen und Kartenstudium mit dem Handy probiert: Aha, ein schwedischer
Provider. Immerhin.
Der Hafen für die Schiffe aus Deutschland (Hanasaari / Hanaholmen)
befindet sich wegen des hohen Fahrzeuganteils auf dieser Strecke ca. 2
km vom Zentrum entfernt. Die Strassenbrücke im Hintergrund ist die
Landstraße nach Porvoo. Die Innenstadt liegt entgengesetzt der Blickrichtung.
Lappeenranta ist unser erstes Ziel. Der Ort liegt am südlichen Ende
des grossen Saimaa-Sees. Er verfügt über einen Hafen (Foto).
Alles wirkt kleinstädtisch. Typisch für eine finnische Stadt,
Helsinki ausgenommen. Aber Helsinki ist nicht Finnland, das wird
uns oft gesagt. Immerhin gibt es in Lappeenranta eine Innenstadt mit einigen
kleinen Einkaufspassagen, einem Marktplatz, einer Uni in der Wallachei
(auch am See), Flugplatz, eine Filiale einer deutschen Supermarktkette
und eine Papierfabrik. Russland ist gerade einmal 20 km entfernt und ermöglicht
Leuten mit Beziehungen alles mögliche dort von Berufspendlern einkaufen
zu lassen, was in Finnland vergleichsweise teuer ist.
Das Café Majurska in Lappeenranta wird in einigen Reiseführern
als das schönste Café Finnlands beschrieben. Mir fehlt der
Überblick, ein sehr schönes Café ist es allemal, Kaffee
und Kuchen sind exzellent, die Atmosphäre ist geprägt durch
Möbel aus Haushaltsauflösungen gutbürgerlicher Provinienz.
Es macht Spass, dort zu sitzen. Das Café liegt an der Kristiiankatu
oberhalb des Hafens.
Im Zentrum von Lappeenranta liegt der Marktplatz, der nur von wenigen
Ständen und Kunden frequentiert wird. Das angebotene Gemüse
ist herbstlich, die Preise astronomisch. Supermärkte sind erheblich
preisgünstiger.
Wirklich günstig sind z.B. diese Preiselbeeren: 2,50 Euro pro Liter
(Raummaß). Die schmecken mir leider nicht. Saft aus diesen Beeren
wird bei jedem Frühstücksbuffet angeboten. Meine Einschätzung:
Trinkbar, einzigartig im Geschmack. Die Beliebtheit ist vermutlich durch
eine über Jahrhunderte alternativlos-ubiquitäre Verfügbarkeit
entstandene Gaumenfehlkonditionierung gefördert worden. Meine Frau
hält die Beeren für eine wichtige Vitamin-C-Quelle. Ähnlich
wie der Saft dieser Beeren schmeckt das finnische Bier. Es enthält
zusätzlich Kohlensäure und Alkohol.
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Das Stadtwappen von Lappeenranta zeigt,
hier wohnen ungewöhnliche Leute. Sie pflegen eine Tradition,
die provoziert. Ein schönes Schiff hätte es ja auch getan,
ein Baum oder ein Elch. Ein für diese Breiten knapp bekleideter
und spärlich bewaffnete Krieger symbolisiert Wehrhaftigkeit über
Jahrhunderte hinweg. Damit zollt die Stadt Respekt gegenüber
ihrer Vergangenheit: Starke Nachbarn wie Russland und Schweden herrschten
hier lange. Der Verteidigungswille der Bevölkerung ist auch an
heute noch sichtbaren Relikten erkennbar. |
Umgebung Lappeenranta. Gegenüber dem sehr nahen Nachbarn Russland
ist in der Zeit des zweiten Weltkriegs eine dichte Bunkerkette aufgebaut
worden. Sie steht noch heute, da Beton so schnell nicht vergeht. Die Zusammenarbeit
mit dem östlichen Nachbarn hat sich seither stark verbessert.
Lappeenranta Campus. Die neuen ausländischen Studenten werden begrüßt.
Jeder von Ihne will Schwein haben.
Lappeenranta. Der Fussball-Verein spielt nicht schlecht, aber sein Können
bleibt weitgehend ungesehen.
Ein Beispiel dafür ist der in Lappeenranta beginnende Saimaa-Kanal.
Im Bild der Saimaa-See mit der Kennzeichnung der Kanaleinfahrt. Er verbindet
die finnische Seenplatte mit der Ostsee im russischen Viborg und ist für
Schiffe in Kümo-Grössse befahrbar. Wegen der notorischen Überlastung
des Petersburger Hafens werden russische Handelsaktivitäten auch
über Lappeenranta abgewickelt.
Der Saimaa-Kanal in Lappeenranta. Wir hatten keine Lust mehr, auf ein
Schiff zu warten, deshalb ein Wasserbild.
Warten auf
Geld in Lappeenranta.
Imatra. Der Ort am Saimaa entlässt das Wasser des Sees in
den tiefer gelegenen russischen Ladoga-See. Der Name des Sees weckt
immer einen Gedanken bei mir: Am Ladoga-See wurde 1943 Gerhard Johler,
ein Grossonkel von mir, durch Flak-Beschuss in seinem Flugzeug tödlich
getroffen. Ich bin ihm plötzlich sehr nahe >>.
Früher floss das Wasser durch diese Schlucht. Es muss ein Tosen und
Brausen gewesen sein. Jetzt dürfen das nur noch die Techniker der
nahe gelegenen Turbinen erleben. Das Hotel rechts auf dem Bild ist plüschig-mondän
und lebt von seiner Geschichte und der des Seeabflusses durch den Vuoksa.
Imatra. Der alles verhindernde Staudamm öffnet seine Tore
nur noch zu ausgewählen Zeiten für Touristen oder gelegentlich
erscheinende gekrönte Häupter. Ansonsten fliesst der Strom
durch die Leitung statt durch Flussbett.
Rast am Saimaa.
Ein freundlicher Gemeindearbeiter hatte das Feuer eigentlich für
seine Pause vorgesehen. Die stand allerdings noch nicht an. Wir folgten
seiner Einladung und genossen unser Käsebrot bei kaltem Wind in schönster
Lage.
Die Idylle täuscht: Kaum ein Finne will ein Nachbarsommerhaus in
Sichtweite (r.) haben. Hier liegt eine grenzenlose Überbauung vor.
Dieser hölzerne Glockenturm von 1752 auf dem Friedhof von Ruokolahti
wirkt überaus massiv für seine Funktion. Das Dach ist mit Holzschindeln
gedeckt. Eine schöne Handwerksarbeit. Der mir vertrauteste Glockentum
auf dem Morsumer Friedhof ist ein filigranes Gegenstück hierzu. Vergleichsfoto
folgt.
Der Werkstoff Holz wird natürlich auch für Kirchen verwendet.
Hier im Bild die lt. Reiseführer grösste Holzkirche der Welt.
Nur der Glockenturm hat einen Unterbau aus Natursteinen. Diese Kirche
ist wie die meisten in Finnland ausserhalb der Gottesdienste leider geschlossen.
Das machen die Katholiken schlau und mutig in der Regel anders.
Savonlinna wird von dieser Wasserburg gegenüber der Altstadt geprägt.
Man erreicht die Burg in Savonlinna über eine ausschwenkbare Ponton-Gangway
die abends eingeklappt wird. Eine moderne Zugbrücke. Die Burg ist
besonders gut erhalten, da sie nie in Kämpfe verwickelt wurde. Die
Aussenanlagen sind kostenlos zu besichtigen.
Gleich
neben der Burg von Savonlinna liegt der Schoner Salama. Vor Jahrzehnten
abgesoffen, wurde ihm nach der Bergung ein zweites Leben als Museumsschiff
beschert. Der Schoner befuhr früher über den Saimaa-Kanal die
Linie nach Lübeck. Ich denke an meine eigene Schiffsreise nach Finnland
und stelle mir die Unterschiede vor.
Der Saimaa von einem Hügel aus gesehen. Die Luft-Temperatur liegt
knappp über dem Gefrierpunkt. Gerade haben wir einen Parkplatz passiert,
an dem drei Hobbytaucher ihre Sportutensilien zusammenpackten. Sie hatten
einen Tauchgang hinter sich. Umziehen mussten sie sich in der eisigen
Luft. Wie tief ist das Wasser hier? Die drei waren redselig: 25
Meter.
In einem kleinen Museumsdorf machen wir Rast. Haus und Glocke lassen mich
praktizierenden Lehrer zunächst vermuten, das sei einmal eine Schule
gewesen. Die eingelassene Jahreszahl im Wimpel 1672 belehrt mich:
Es muss eine Kirche gewesen sein. Damals gab es sicher noch keine Schulglocken.
Glückliche Zeit!
Einfahrt in die Scheune eines Bauernhauses im Museumsdorf: Wenn unten
das Vieh stand, war das eine praktische Bauweise.
Porvoo.
Wenn man in der Stadt wohnt, braucht es wohl einen Gartenzaun - um sich
Nachbarn und die vielen Touristen auf Abstand zu halten.
Porvoo. Ein besser plaziertes Webeplakat für ein Museum habe
ich noch nicht gesehen. Das Plakat, ein Bild des Malers Albert Edelfelt,
wird da aufgestellt, wo er es einst gemalt hat.
Die alten Speicher am Fluss in Porvoo entfachen aus heutiger beriebswirtschaftlicher
Sicht einige Phantasien: Geringe Lagerfläche, suboptimale Umschlagtechnik,
schlechte Verkehrsanbindung Wasser- und landseitig. Was muss da früher
alles anders gewesen sein, dass solche Strukturen sinnvoll erschienen?
Südlich
von Porvoo. Strassenende. Anschluss an die Insel- und Wasserwelt der Ostsee.
Die Frau mit der Handangel wir durch wildes Tuten des Schiffsführers
vetrieben. Angeln ist hier verboten. Nebenan hektisches Herbsttreiben:
Ein Motorboot wird noch vollgetankt: 100 Liter, 150 ..., diverse Boote
auf der Slipanlage aufgetrailert. Das Restaurant ist geschlossen. Ein
Plumsklo bewahrt uns vor einem Naturspaziergang. Wir freuen uns, dass
noch Tageslicht ist.
Südlich von Porvooo in einem Strassenkiosk am Sonntag: Hier gibt
es alles, was man noch braucht, um preiswert zu überleben. Bei aller
Enge strahlt der Laden induviduelle Gemütlichkeit aus. Der Chef ist
gestern von den kanarischen Inseln zurückgekommen. Braungebrannt.
Er hat Sonne getankt. Der Finne auf dem Bild hat vergeblich versucht,
vor dem Foto zu flüchten: Du bist Staffage, bleib, sagt der
Chef. Draussen regnet es und wird immer dunkler. Es ist gemütlich
hier.
Im Dämmerlicht laufen wir noch einmal die Hügel hinauf durch
die Altstadt von Porvoo. Sehr anziehend. Aber auch abstoßend: Wir
wandern durch eine unnahbar schöne Kulisse.
Abends schlendern
wir wieder durch die Gassen von Porvoo. Wir frieren und freuen uns über
das Licht im Schaufenster.
Porvoo. Bei strömendem Regen suchen wir an einem Sonntag nach der
Stadtbücherei ein weiteres trockenes und interessantes Plätzchen.
Diese Kunstsammlung schräg gegenüber ist solch ein reizender
Ort. Besonders einige Skulpturen begeistern mich.
Helskinki.
Wenn dieser Gebäudeteil der Universität nicht von Fliegerbomben
des 2. Weltkriegs weitgehend zerstört worden wäre, stünde
ich hier an einem familienhistorisch bedeutenden Originalschauplatz. Mein
Ur-, Ur-, Urgroßvater Bernhard Frank war 1832 einer der ersten Studenten
hier. Als er damals auf den Senatsplatz guckte, stand der Dom noch nicht.
Auch die Bibliothek, die jetzt gleich nebenan steht, existierte noch nicht.
mehr über
Bernhard Frank
Das Gebäude der Universität Helsinki ist nach dem 2. Weltkrieg
wieder vorbildlich hergerichtet worden. Unten links befindet sich die
Mensa. Hier essen auch einige Touristen und ein paar Banker von Gegenüber.
Für deutsche Gaumen eine traurige Angelegenheit. Kein Gewürz
hat den Weg in das Essen gefunden. Alles schmeckt nach nichts.
Ein Lesesaal der Universtitätsbibliothek Helsinki macht Lust auf
geistige Arbeit. Auch ich lasse mich von der umfangreichen Sammlung deutschsprachiger
Klasssiker in der genauso schönen Handbibliothek zu einer Lesestunde
verführen.
Helsinki. Der Dom oberhalb des Senatsplatzes erlaubt nur dem Glöckner
bei der Glockenpflege einen schönen Blick über den Hafen. Leider
sind die Häuser wie z.B. das dazwischen liegende Stadthaus so hoch
geraten, dass ein an den Läulen Stehender allenfallls die Hafeneinfahrt
zu sehen bekommt
.
Das Innere des Doms ist nicht mehr so majästetisch wie das Äußere.
Kühle Schlichtheit und großbürgerlicher Wohlstand sind
hier vom Architekten C.L. Engel perfekt kombiniert worden.
Die Seefestung Suomenlinna liegt vor Helsinki. Jetzt am Abend fahren viele
Bewohner dieser Insel mit der Fähre nach Hause. Auch wir steigen
ein, denn wir kämpfen wieder mit dem Regen um ein trockenes Sitz-Plätzchen,
das nicht zum Verzehr zwingt.
Es ist schon fast dunkel, als die Fähre Suomenlinna erreicht. Ein
kurzer Rundgang offenbart die eindrucksvolle historische Kulisse dieser
fast autofreien stadtnahen Insel. Die unendlich vielen meist schmucklosen
Häuserblocks Helsinkis vor Augen träumen wir, wie es sein würde,
hier zu wohnen!
Helsinki.
Ein moderner Sakralbau ist die Felsenkirche, eine in den Fels geschlagene
Kirche mit einer Glaskuppel. Der Eingang erinnert an eine klassische Tiefgarage.
Das Innere symbolisiert die unvergänglichkeit des Glaubens und seine
Verwurzelung in der Stadt. Besonders schön wirkt das Bauwerk aus
den Fenstern der umliegenden Häuser. Leider eine reine Postkartenansicht.
Normale Touristen können nirgendwo für einen Blick hinaufsteigen.
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