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Binnenschiffe ergänzen Seeschifftransport: Hamburg in den 30er Jahren
Kapitän auf langer Fahrt

Hamburg,


Ein schönes Schiff! Der Oberländer-Kahn im Hamburger Roßhafen (v.) hat es schwer, Aufmerksamkeit zu erlangen. Die United States Line im Hintergrund macht optisch einfach mehr her. Doch Binnenschiffahrt ist in Hamburg ein wichtiger Teil der Hafenkultur. Auf dieser Seite geht es vorrangig um die Binnenschiffahrt: Menschen, Technik, Wasserstrassen.





Schiffer sind Unternehmer, deren Schreibtisch unter Deck steht. Schiffer berlinern oder sprechen andere binnenländische Mundarten. Seeleute sprechen eher Platt. Dieser bekränzte Kahn, die Karl Wetzel, hat auf seiner Jungfernfahrt im Hafen Harburg angelegt. Die Liebe zum Kahn ist eine Basis der Schifferpersönlichkeit. Häufig ist die Familie mit an Bord.





Die neuen Schiffe wie diese Merkur aus Hamburg verfügen über einen Wohndeck-Aufbau. - Man muss von niedrigen Binnenschiffen nicht immer wie Kellerkinder auf die Kaimauer gucken. Es gibt ja noch die Wasserseite.





Binnenschiffe sind wichtige Zubringer und Abnehmer der Seeschiffahrt. Der Konkurrenzkampf mit Reichsbahn und LKW ist jedoch schon um 1930 sehr hart. Dieses Foto zeigt den Umschlag aus Flußdampfern und Oberländer Kähnen in Küstendampfer an den Hamburger Landungsbrücken (damals Zollinlandshafen). Ganz links die U-Bahn-Station Landungsbrücken (damals Hochbahn).



Hafenrundfahrt Hamburg 1935
Auch 1935 gibt es schon Hafenrundfahrten. Hier eine Schulklasse mit Ursula Haake später verh. Kaminski (10.v.r.).





Städtischer Umschlagsverkehr aus Oberländer Fahrzeugen am Dovenfleth in Hamburg.





Während des Umschlags hat die Familie etwas Zeit für sich.





Schleppzug auf der Oberelbe unweit Bunthaus-Spitze (östliches Hamburg) , wo sich die Elbe für einige Kilometer in Norderelbe und Süderelbe gabelt. Der Zusammenfluss der beiden Elbarme ist in Höhe des heutigen Autobahn-Elbtunnels von der Köhlbrandbrücke aus gut zu erkennen.





Binnenschiffe auf der Elbe in Magdeburg. Auf Deck Stückgut.





Winterpause für Binnenschiffe im Hafen von Aken an der Elbe um 1930. Der Ort gehört heute zu Sachsen-Anhalt.








Elbschiffer am Umschlagplatz in Laube nahe dem Elbsandsteingebirge.





Winterhafen Smichow bei Prag (Moldau).





Die Besatzung kommt kaum von Bord. Sie hat seit fünf Wochen ihr Schiff nicht verlassen. Dieses Schiff aus Hamburg, die Wanda, hat schwedisches Eisenerz nach Dortmund gebracht (hier nahe Dortmund). Während der Fahrt hält der Schiffer im hinteren Steuerhaus mit einer Glocke Verbindung zu den Bootsleuten auf dem 60m entfernten Vorschiff.





Schifferfamilie vor dem Steuerhaus. Im Vordergrund der Niedergang zur hinteren Kahnwohnung. Die Betten werden gesonnt. - Für Schifferfamilien gehört der Wechsel beständig zum Leben: Ob plötzlich notwendige Rudermanöver, Landgang in Hamburg, Magdeburg, Berlin oder Königsberg, Alleinfahrten oder Fahrten mit der Familie, Liegezeiten im Hafen oder wochenlange Fahrt; aus all dem entwickelt sich die anpassungsfähige, bedächtige und gefestigte Schifferpersönlichkeit. (Hans Johler, S. 72ff.)






Schifferkinder müssen beständig neu Anschluss finden, wenn sie alle paar Wochen die Schule wechseln. Das führt zu erstaunlicher Frühreife . Positiv wirkt sich die ständige elterliche Aufsicht aus. (Hans Johler, S. 77). Kinder an Bord sind aber auch besondders gefährdet: Jede 9. Familie berichtet trotz intensiver Aufsicht über einen Kindestod durch ertrinken.





Das Schifferkinderheim St. Nikolausburg in Duisburg-Ruhrort dient noch heute seinem ursprünglichen Zweck. Es wurde 1923-1927 erbaut und vom katholischen Orden "Unserer lieben Frau" betrieben. Heute ist die Caritas der Träger.
Lehrer Willy Fährmann berichtet über das Jahr 1954:"Schifferkinder galten als verträumt, kaum lernbereit, gelegentlich auch aufsäsig und wortkarg." Lehrer Fährmann zitiert seinen Kollegen Raschloh: "S
o viele Wochen ohne Mutter und Vaer. Da mag das Heim sich noch so große Mühe geben, es ist nicht leicht für die Kinder." Kollege T. äußert:"Die meisten Familien sind versippt und verschwägert. Das kann doch nicht gutgehen. Erblicherseits meine ich. Das Ergebnis? Dusselig." Kollege Raschloh erzählt von einer Unterrichtseinheit über einen Pfannkuchen, der durchs Haus läuft. "Wohin läuft der Pfannkuchen?". Viele Schiffferkinder melden sich:"Am Bugspriet läuft er entlang", Er rennt um den Poller", "Er kriecht durch die Klüse", "Er rutscht am Spill herunter". Raschloh:"Sie sprechen eben nicht unsere Sprache, die Schifferkinder." Aus Willi Fährmann, Das Glück ist nicht vorbeigegangen, Würzburg 2009.




Besuchern wie hier Hans Johler (o.) fällt sehr schnell auf, dass Schiffer sich durch besondere Rücksicht und soziales Verhalten auszeichnen. Andes ist die Familien- und Arbeitsgemeinschaft an Bord nicht aufrechtzuerhalten. Kommandotöne gibt es nicht. Häufig reicht ein Blick, um zu sagen, was man denkt.





Die Schifferstand ist eine weitgehend geschlossene Gruppe. Man heiratet unter sich, weil vermutlich nur Schiffertöchter bereit sind, ein Leben auf dem Schiff zu akzeptieren. Im Bild: Einholung der Schifferbraut vom elterlichen Kahn.





Schifferfrau beim Einkauf in Magdeburg vor dem Hauptbahnhof. Körperlich schwere Beschaffungsarbeiten wie z.B. das Bunkern von Wasser oder das Herbeischaffen von Feuerungsmaterial von der Schiffsmitte übernimmt in der Regel der Mann.






Schifferwitwe





Binnenschiffer fahren weit. Hier übernehmen sie im Hafen von Stettin Soja aus Dairen in Mandschukuo.





Abgebäumte Seedampfer im Hamburger Oderhafen löschen beiderseits in Oberländer Kähne.





Getreideumschlag mittels pneumatischer Getreideheber im Waltershofer Hafen in Hamburg. Das Seeschiff ist die "Dalmore".





Getreideumschlag zwischen Seeschiff und Flußschiff mit Getreidehebern, gleichzeitig Löschen des Seedampfers am Kai.





Getreideheber mit Becherwerk im Hamburger Segelschiffhafen.






Kähne laden Getreide im Hamburger Roßhafen.






Kohlenkipper am Hamburger Kirchenpauerquai mit gekipptem Eisenbahnwagen - man beachte den Kohlenstaub, der auf die Schiffer einwirkt.






Oberländerkähne vor einer Reismühle im Hamburger Peute-Industriegebiet um 1935.






Hamburger Holzhafen in der Billwärder Bucht um 1935.






Am Hamburger Hafen wird gebaut seit es ihn gibt. Hier wird neues Hafengelände mit Hilfe eines 1000kg-Stampfers zur Bebauung vorbereitet.






Im Zeitalter des Stückgutverkehrs war dieser Autobahnhof landseits der Kaianlagen ein hochmoderner Umschlagplatz (Hamburg, ca. 1935).






Schiffe der Hamburg-Amerika-Linie im Hamburger Kaiser-Wilhelm-Hafen (Steinwärder) mit Oberländer Kähnen längsseits. Um 1935.





Hamburger Binnenhafen mit Hafenschleppern für den Oberländer-Verkehr.





Der englische Reiseschriftsteller Patrick Leigh Fermor berichtet in seinem Buch Die Zeit der Gaben, Dörlemann Verlag AG, Zürich 2005 von seinen Erfahrungen als mitfahrender Passagier auf einem Binnenschiff von Köln zum Schwarzwald. Die Ladung hin bestand aus Zement, zurück ging es mit Holz. (S. 74ff):

Die Schiffer waren meine Freunde aus der Bar! Ich erkannte sie zuerst wieder. Die anderen brauchten eine Weile, bis laut und schmerzlich die Erinnerung kam. Vier zerwühlte Kojen säumten die Kabine, in deren Mitte ein Kohlebecken stand. Bilder von Anny Ondra, Lilian Harvey, Brigitte Helm und Marlene Dietrich waren an die Planken dieser Höhle gepinnt, dazu Max Schmeling, der bedrohlich die behandschuhten Fäuste reckte, und zwei Schimpansen, die auf einer Giraffe ritten. Uli, Peter und der Maschinist stammten alle drei aus Hamburg. Wir saßen auf den unteren Betten und aßen Bratkartoffeln mit Speck, und ich hatte noch nie etwas Gräßlicheres gegessen als diese kalten Brocken aus Schweinefett....


Die Giebel am Rheinufer glitten vorüber, und als wir allmählich Fahrt gewannen und die Bögen der ersten Brücke passierten, gingen sämtliche Straßenlampen von Köln an. Mit einem Schlag tauchte die Stadt wieder aus der Abenddämmerung auf, und die Glühbirnen zeichneten geometrische Muster bis ins Unendliche. Gerippe aus gelben Punkten erschienen an den Ufern und spannten, mit zunehmender Entfernung immer kleiner werdend, Bögen über das Wasser. Brücken von Straßenlampen erhellt. Wir ließen Köln hinter uns. Das letzte, was blieb, waren die Turmspitzen des Doms, und als auch sie schwanden, versank die dunkelrote Sonne zwischen bernsteingelben Streifen in einem unbestimmten Abendland...


Jeder der Kähne hatte ein Backbord- und ein Steuerbordlicht. Wenn ein zweiter Bootskonvoi stromabwärts an uns vorbeizog, begrüßten die beiden Flottillen sich mit Laternensignalen, passierten einander im Gänsemarsch, und jede schaukelte für eine Weile in der Bugwele der anderen. Einmal sahen wir einen Schlepper mit neun Kähnen, jeder davon doppelt so lang wie unsere; und später funkelten uns die Lichter eines Dampfers entgegen. Sie wurden größer, als das Schiff näher kam, und schließlich standen sie turmhoch über uns; dann verloren sie sich wieder in der Ferne. Zwischen den sternenbeglänzten Ortschaften am Ufer hatten Kiesbagger tiefe Löcher in die Böschungen gegraben. Dörfer und Städte waren in der flachen Landschaft als schwacher Lichtschein auszumachen. Auch wenn man bedachte, daß wir gegen den Strom fuhren, kamen wir schlecht voran. Der Maschinist horchte besorgt auf den Motor. Wenn er ganz ausfiel, würde unsere kleine Prozession hilflos flussabwärts treiben. Ständig überholten uns andere Konvois...




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Die Fotos auf dieser Seite stammen von Pastor Dr. Hans Johler, Hafenpastor für die Binnenschiffahrt in Hamburg 1928 - 1943.

Die textlichen Informationen sind der Dissertation von Hans Johler entnommen: Die Strukturwandlungen der Binnenschiffahrt im Jahrzehnt 1930-1940 in Hamburg als Grundlage einer Soziologie des deutschen Schifferstandes, Hamburg 1940. Hans Johler schrieb diese Dissertation m Sinne einer persönlichen Fortbildung, um seiner Gemeinde in der Seelsorge besser helfen zu können.

mehr zu Hans Johler


Binnenschifffahrt in Duisburg


Als Pastor im Hilfsdienst der Veddeler Schifferfürsorge (1.1.1929 - 31.3.1941) setzte sich Hans Johler für dezentrale Schifferstuben in Hamburg ein. Schifferkinder sollten öffentliche Schule besuchen, um ihrer Isolierung vorzubeugen. Ein Kinderheim für Schifferkinder sollte den Frauen der Schiffer die Möglichkeit geben, ihre Männer auf dem Schiff zu begleiten und so die Ehen zu stabilisieren.
Presseartikel von Hans Johler zu seiner Arbeit







































































.siehe auch: Binnenschifffahrt in Duisburg email an ekkehard lauritzen
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