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Tallinn / Reval
Meine Urahnen Bernhard Frank, geboren in Reval (heute: Tallinn) 1811,
und seine Frau Helena Johannson, geboren in Reval 1816, veranlassen uns
zu einem zweiten Besuch in Estland.
Aus dem Tallinner Stadtarchiv haben wir erfahren, in welchen Häusern
die beiden aufwuchsen. Mit dem Finger auf dem Stadtplan haben wir die
Stellen schon zu Hause geortet.
Im Tallinner Rathaus können wir mit Hilfe des dort ausgestellten
Stadt-Modells die Strukturen von 1825 erkennen. Unten die im Modell von
1825 noch zerstörte Olaikirche, Taufort der beiden Urahnen. Bernhard
Frank wuchs in der Straße Lai 26 auf. Sie führt von der Olaikirche
nach rechts oben. Seine Schule, vermutlich das Gustav-Adolf-Gymnasium
in der Unterstadt, liegt rechts an der Stadtmauer. Seine zukünftige
Frau Helena Elisabeth Hanson wohnte links hinter dem Rathaus in der Strasse
Raekoja 10. Das Rathaus mit seinem charakteristischen Turm findet sich
in der Mitte des Fotos hinter dem Rathausplatz. Rechts im Bild liegt die
Oberstadt. Alle Orte sind per Onmouseover-Effekt auf dem Foto beschriftet.
Per Klick ruft man das Vollbild auf.
Hier ein zweites Vollbild aus anderer Perspektive.
Lai 26. In diesem Haus ist Bernhard Frank *1811 aufgewachsen. Unten
befindet sich eine Bar.Wir gehen rein.
Die Wirtin erzählt uns, daß das Haus jetzt einem estnischen
Arzt gehört, der auch Mitglied des nationalen Parlaments ist. Direkt
hinter der Kirche liegt das noch heute existierende Gustav-Adolf-Gymnasium,
vermutlich auch die Schule Bernhard Franks.
Von draußen sieht man, wie die ganze Straße Lai von
der Olaikirche dominiert wird. Verständlich, daß Bernhard Frank
dort auch getauft wurde. Lai 26 ist das gelbe Haus rechts.
Im Inneren der Olaikirche ist die Renovierung des Jahres 2003 abgeschlossen.
Weiter zum Wohnhaus seiner späteren Frau Helena Johannson.
Raekoja 10. In dem Haus links hinter dem Tallinner Rathaus wohnte Helena
Johannson *1816. An dieser zentralen Lage sind wir schon bei unserem früherem
Besuch oft vorbeigelaufen, ohne dessen familiengeschichtliche Bedeutung
zu ahnen. Onmouseover ein Foto aus dem 19. Jahrhundert aus ähnlicher
Perspektive.
Unten im Haus verkauft ein Andenkenhändler den vorbeiziehenden Touristen
Mitbringsel.
Die Tür rechts führt zu den Wohnungen über dem Laden.
In Tallinn arbeitet um 1900 Adelheid Constanze Frank als Leiterin einer
Kinderbewahranstalt. Wir besuchen eins der Häuser, in denen sie tätig
gewesen sein könnte.
Leicht zu finden ist das Haus in der Straße Pärnu 102. Dieses
Haus, gebaut von 1876-1880, beherbergt ab 1896 das Kinderheim des Diaconissen-Vereins.
Ich gehe davon aus, dass die tiefreligiöse Adelheid Constanze Frank,
Tochter von Bernhard und Helena Frank, hier als Leiterin gearbeitet hat.
Es gab zu der Zeit nur drei Kinderbewahranstalten und die beiden anderen
waren für orthodoxe Mädchen bzw. nicht konfessionell gebundene
Kinder bestimmt.
Ein imposantes Haus. Das Innere ist enkernt und in moderne Büroräume
ganz unterschiedlicher Firmen umgewandelt worden. Nur die abgewetzte Steintreppe
im Treppenhaus scheint noch original zu sein.
Von hinten ist der Holzanbau gut zu erkennen.
Rechts vom Haupthaus steht dieser verlassene Holzbau.
Von der Straße Pärnu geht es weiter in den gleichnamigen Ort.
Hier lebt im 19. Jahrhundert Bernhard und Helena Franks Tochter Christiane
Elisabeth Frank. Sie heiratete den Pastor an der Pernauer Elisabethkirche
Wilhelm Bergwitz.
Wilhelm Bergwitz war hier Pastor von 1863 bis zu seinem Tode 1881.
Mit einem der jetzt hier tätigen Pastoren versuche ich vergeblich,
das Grab der Familie Bergwitz zu finden. Die Grabsteine auf dem alten
Pernauer Friedhof sind jedoch weitgehend zerstört, kirchliche Unterlagen
über Belegungen befinden sich sofern noch vorhanden in Tartu.
Das
städtische Museum in Pärnu präsentiert mir aus seinem Archiv
ein Foto von Wilhelm Bergwitz.
Die Elisabethkirche in Pernau um 1866.
In diesem Pastorat in der Straße Kuninga 30 in Pernau wohnte die
Familie Wilhelm Bergwitz zu seinem Amtsbeginn. Damals sah das Haus allerdings
erheblich bescheidener aus:
Kein
Wunder, daß zu jener Zeit für Pastor Wilhelm Bergwitz von der
Elisabethkirche ein größeres Gebäude gesucht wurde. Obiges
Foto stammt aus dem Jahre 1866. Das Haus wurde 1798 in dieser Form für
die Unterbringung der Pastoren gebaut.
Das
für Wilhelm Bergwitz und Familie damals neuerbaute Pastorat steht
noch. Die Straße heißt jetzt Pühavaimu 21, das Haus wird
privat genutzt. Die heutigen Pastoren der Elisabethkirche würden
hier vermutlich auch gern wohnen. - In diesem Haus lebte nach dem Tod
ihres Vaters 1870 vermutlich auch die Schwester von Christiane Elisabeth
Bergwitz geb. Frank, Christiane Elisabeth Frank und hat hier ihren späteren
Ehemann Oskar von Hohenhausen kennengelernt. Beide wohnten nach ihrer
Eheschliessung um die Ecke in der heute so genannten Straße Tammsaare
6, wo sie ihre Pension Villa Hohenhausen betrieben. Hier bekamen
sie 1893 auch Besuch von Elwine
Lampe später verheiratete Ude aus Lübeck während ihrer
Reise nach Estland. Sie ist eine Enkelin von Bernhard Frank. Viele Briefe
an ihren Vater in Lübeck sind noch erhalten.
Pernau, ca. 1913. die Brücke über den gleichnamigen Fluss. Die Postkarten sind Mitbringsel von Elwine Ude.
Pernau um 1913. Zwischen den Molen.
Pernau, ca. 1913. Der Wallgraben mit dem Revaler Tor. Zur Orientierung verweise ich auf den historischen Stadtplan (Link unten).
Dieses Foto aus der Zeit um 1930 zeigt, dass umfangreich vermietet werden
konnte. Damit entsprach Oskar von Hohenhausen vermutlich einer Bedingung
der Stadt, die um 1890 in dieser Region Grundstücke verschenkte,
wenn innerhalb von zwei Jahren eine hölzerne Villa mit Veranda und
Vordergarten errichtet wird und mindestens 4 Zimmer zur Vermietung bereit
stehen (vgl. Pärnu Muuseum (Hrg.), Brief History of Pärnu, ,
Pärnu 2002, S. 101). 1889 war dieses Gebiet
noch kommunale Viehweide. Die Tammsaare, früher Promenadenstrasse
wurde erst um 1890 auf die heutige Länge erweitert. Nähere Hinweise
enthält der Stadtplan von Pernau aus dem Jahre 1889:
Überblick
Strassenverzeichnis
Strassenkarte
Die gesägten Ornamente sind typisch für die in dieser Zeit errichteten
Strandvillen. Im Stadtarchiv finden wir in einem touristischen Almanach
von 1927 (Teine AASTAKÄIK Pärnu Supelus Almanal Suvehooaeg 1927
Oma Kirjastus) die Pangsion Hohenhausen verzeichnet.
Nach diesen Recherchen fahren wir voller Spannung in die Straße,
die heute Tammsaare heisst. Ihr früherer Name war Promenaadi tän.
Wir steuern die Nummer 6 an:
Der Holzbau ist abgerissen, dafür wurde viel Holz in Beton investiert.
Wir setzen uns auf die Terrasse und geniessen den Blick auf das Gegenüber
- eine Holzvilla. - Bäume in der Mitte der zweispurigen Strasse finden
sich auch auf dem Foto der Villa Hohenhausen aus den dreissiger Jahren.
Vielleicht hat Oskar von Hohenhausen die Pflanzung verfolgt. Auf jeden
Fall kennt er den Pärnu Kuursaal, der ganz in der Nähe 1893
eröffnet wurde.
Blick auf den Pärnu Kuursaal aus der Musikmuschel heraus. Die holzgesägten
Giebel deuten darauf hin, daß dieses Gebäude original erhalten
ist.
Im Kuursaal von Pernau hängt links an der Wand ein ausgestopfter
Elchkopf. Da es diese Tiere hier schon lange nicht mehr gibt, mag es sein,
daß Onkel Oskar von Hohenhausen ihm bereits vor 100 Jahren in seine
glasigen Augen geguckt hat.
Die Gebührenordnung belegt die angebotenen Kuranwendungen genauso
wie die sozialen Zwänge des Badens im Meer aus Karren heraus. Geschlechter
wurden in unterschiedlichen Strandabschnitten strikt getrennt. Aber schon
1904 wurde ein allerdings eingezäunter Strandabschnitt für das
Nacktbaden und -sonnen freigegeben. Es gab einen Familien- und einen Hundestrand.
Die getrennten Strandabschnitte existierten bis in die 20er Jahre.
Oskar von Hohenhausen hat auch als Gutsverwalter gearbeitet. Er war um
1890 auf dem Gut Paltemal tätig. dieses gut gehörte damals der
deutschstämmigen Rigaer Familie Eugen
Kyber gehörte. 1891
besucht Elwine Ude, 17, Onkel Oskar in Paltemal und lernt dort auch die
Kinder des Gutsbesitzers kennen: Manfred und Wladimir Kyber. Sie schreibt,
dass sie mit den Jungen trotz ihres kindlichen Alters (ca. 10 und 12)
recht gute Unterhaltungen führen kann. Manfred Kyber (1.1.1880 -
10.3.1933) wird später Schriftsteller.
Wir machen uns auf den Weg nach Paltemal.
Aus Briefen
von Elwine Ude wissen wir, Paltemal liegt in Fussgängerweite nördlich
des Bahnhofs Augsligatne an der Bahntrasse Riga - Moskau.Im dortigen Postkasten
hat sie all die erhaltenen Briefe eingesteckt. Die Karte zeigt uns dort
den Ort Paltmale an. Er ist nicht ausgeschildert. Diese Allee sieht wie
eine Gutsauffahrt aus. Wir versuchen unser Glück.
Die Maschinenführerin einer Baumschälmaschine bestätigt uns, dass
wir in Paltmale sind. Wir sehen uns um.
Neuhässliche Zweckgebäude reihen sich um einen zentralen Hof.
Von einem Gutshaus keine Spur. Wir stehen im Zentrum eines Sägewerks.
Die Allee, die wir genommen haben, setzt sich am anderen Ende des Hofes
weiter fort. Von dort kommen unablässig Holzlaster auf den Hof gefahren.
Das linke Hausteil könnte alt sein. Wir fotografieren und fallen
sofort auf. Anwohner gesellen sich zu uns.
Der alte Mann versucht uns mit Hilfe einer Zeichnung im Strassensand zu
erklären, dass Krieg und Feuer die ursprünglichen Häuser
zerstört haben. Die ehemaligen Besitzer seien nach Amerika gegangen,
ergänzt eine junge Frau.
Die Bäume
der Allee sind geblieben seit Oskar von Hohenhausen hier gearbeitet hat.
Möglich, dass die Anlage auf seine Planungen zurückgeht.
Die Umgebung des ehemaligen Gutes Paltemal.
Die Umgebung des ehemaligen Gutes Paltemal.
Am Bahnhof von Ligatne hat Elwine Lampe 1893 Briefe an ihren Vater nach
Lübeck eingesteckt. Der Neubau ist architektonisch enttäuschend.
Wir verabschieden uns von Paltemal und nehmen eine sehr viel anschaulichere
Vorstellung vom Leben unserer Vorfahren mit nach Hause als die, die die
Briefe von Elwine Ude vermitteln können.
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Bernhard
Frank 1811-1870
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