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Ca. 1930. Die Hauptstrasse Morsums, heute Terpstich 72, mitten
im Zentrum. Der Blick von der Pastor-Fenne (Wiese) auf den Dorfladen im
Haus Kayser(l.), heute das ehemalige Lokal Morsumer Kayser, eine dem Verfall preisgegebene Ruine. Rechts daneben die alte
Schmiede von August Merkel. Später baut er sein Wohnhaus rechts neben
seine Schmiede. Der Weg rechts führt zum Pastorat und zum Bahnhof.
Siehe auch die historische
Karte von Morsum
Im linken Teil des Hauses Kayser wird dieser Dorfladen betrieben.
Er ist drei Generationen lang in Betrieb: Boy Friedrich Kayser, Paul Gerhard
Kayser (*13.5.1897 30.8.19**) mit seiner Frau
Anna Catharina geb. Hansen (*1894 +22.12.1976) und Boy Sito Kayser. Links Gondeline Kayser,
Ehefrau von BFK, mit ihren Kindern Jenny und Paul.
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In einer Nische des Dorfladens der
Familie Kayser befand sich auch die Poststelle Morsum. Die Briefe
der Morsumer wurden hier abgestempelt.Auf Nösse gab
es am Nössestrand in einer "Wärterbude" der
Sylter Dampfschiffahrtsgesellschaft, später im dortigen Restaurant
bis 1925 noch eine Posthilfsstelle, ursprünglich um die Postsäcke
der Eisbootpost abzufertigen. Unbekannt ist, ob die Posthilfsstelle
über einen eigenen Stempel verfügte.
Zu Zeiten der Deutschen Bundespost wurde ein separater
Raum mit eigenem Eingang für die Poststelle angebaut. Richtige
Postbeamte hielten dann den Betrieb aufrecht. Ein eigener Stempel wurde weiterhin für alle Postsendungen von Morsum aus verwendet vgl. Foto links mit Stempel vom 1.2.1975. Heute gehört
Morsum zum Briefverteilzentrum 25.
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Boy Sito Kaysers Dorfladen ist um 1960 modernisiert worden. Links befand sich die Postfiliale.
Morsum,
Terpstich. Bevor die Bäckerei Heinrich Nielsen(*23.9.1893
2.12.1962) 1925 gebaut wird, ist Carl Boy Nissen Bäcker in Morsum
(Haus links, steht noch heute: Terpstich 74). Nielsen baut links von
der Nissen-Bäckerei seine neue Bäckerei (noch nicht auf dem
Foto). Rechts das Haus Kayser.
Ca. 1930. Der Blick aus Pastors Fenne (Wiese) nach links.
Man erkennt den Sylter Hof und die Bäckerei Nielsen (Mitte). Tochter
Lene heiratet später den Keitumer Bäcker Jens Ingwersen. Jetzt
betreibt beider Sohn Jürgen Ingwersen die Bäckerei.
1926. Der Sylter Hof. Links vom Eingang die Gaststätte, rechts der Saal mit Bühne. Im Anbau ganz links befand sich ein Laden mit all den Dingen des täglichen Gebrauchs, die die Bauern zukaufen mussten: Haushaltsgeräte, Eisenwaren, Holz und Kohle. Auf der Fenne hinter dem Haus hat viele Jahrzehnte lang das Ringreiten stattgefunden. Richtfest wird am 24.8.1892 gefeiert.
Vor 1925. Der Sylter Hof. In dunkler Kleidung Carl Bernhard August Petersen (*1924), Landwirt sowie Erbauer und erster Gastwirt des Sylter Hofs mit seiner Frau Maria "Mitje".
Das Elternhaus von CBA Petersen in Osterende Uasterjen. Er verkaufte es, um den Bau des Sylter Hofs zu finanzieren.
Anzeige im Sylter Intelligenz-Blatt vom 12. Juni 1897
Ringreiten anno 1911.
Ringreiten
1960. Der Morsumer Gesangverein.
Restaurant Nösse auf Morsum Kliff
Restaurant
Nösse. Hinter dem Tresen die Besitzerin Margarethe Ingwersen, später
verheiratete Bossen (Foto: Emma Scholz). Spätere Besitzer sind
: Carl und Erna Voss (ab 1952), Raabe und Dr. Feil (ab 1974), Jörg
Müller (ab 1984) und Ralf und Anne zur Brüggge (ab 1988).
(Quelle: Walter Glindmeier, Morsumer Häuser im Wandel der Zeit
1920 - 2002)
Gäste im Restaurant Nösse kamen per Pferdekutsche. Während des Winters im 1. Weltkrieg war im Restaurant Nösse eine Posthilfsstation untergebracht, die den Fernmeldeverkehr zum Festland sichern sollte.
Hier zu den historischen Dokumenten
Morsum Kliff, ca. 1910. Diesen Ort am Watt kann man vom Restaurant
Nösse aus in einem kleinen Spaziergang durch die Heide erreichen.
Das Morsumkliff ist ein in der Realität immer wieder beeindruckendes
und deshalb auch von Künstlern häufig gemaltes Motiv. Beim
Vergleich einer Reihe von Bildern mit stets ähnlichen Perspektive
über eine Zeitraum von mehr als 100 Jahren zeigen sich viele künstlerische
Perspektiven. Mal sind es vorrangig die situativen Lichtverhältnisse
(Helene Varges, Richard von Hagn, Hinrich Wrage), die die Besonderheit
des Werkes ausmachen, mal werden mit Fantasieprojektionen wie die eines
Wracks (Emil Neumann 1880), einer Frau in holländischer Tracht
(Heinrich Petersen-Angeln 1894) besondere Eindrücke hervorgerufen.
1894.
Morsumkliff.
1894. Morsumkliff. Onmouseover-Alternative 2007.
Man erkennt den Unterschied sofort: Ekke Nekkepenn, nordfriesischer
Meergott, ist umgezogen. Sein Gesicht, der nach hinten geneigte Kopf
im mittleren dunklen Kliffabschnitt ist auf dem Foto von 1894 gut erkennbar
(Keine Fotomontage!). Von hier aus, von ganz oben überblickte
er lange in aller Ruhe Vorland und Watt. Mittlerweile hat ihn die See
geholt. Vielleicht ist er auch in sie hinabgestiegen. Wie auch immer:
Er lebt jetzt im Watt vor Morsumkliff. Vermutlich taucht er irgendwann
irgendwo wieder auf. An Land stellt er bevorzugt den Mädchen nach.
Umsicht ist also weiterhin von Nöten.
Morsum 1925. Koko ist der Maler Friedrich Albin Koko-Mikoletzki (1887 – 1981). Während eines kurzen Aufenthalts auf Sylt wohnt er im Morsumer Pastorat. Sein Auftrag ist, Portraits für Peter Fix zu malen. Die Firma Peter Fix Söhne, Duisburg, baut den Hindenburgdamm von Sylt aus. Georg Lauritzen sagt zu diesem Bild:" Der hat die Stimmung am Kliff gut getroffen. So ist es da oft gewesen."
Morsum 1913. Schafe am Kliff mit Kurgast.
Morsum Kliff, ca. 1960. Spielende Kinder finden einen Heuler. Auf ihre Initiative hin wird er zur Aufzuchtstation gebracht.
Ca. 1900. H. Cordts, Betreiber der Morsumer Touristen Halle.
Das steht so über der Tür. Das Foto stammt von einem Touristen:
cand.med. Eichler. Bei dieser Hütte handelt es sich um die von
der Sylter Dampfschiffahrtsgesellschaft gebaute und betriebene "Wärterbude".
Sie stand an der Ostspitze der Insel, die auf alten Karten. z.B. von 1892, Näs-Odde genannt wird (Nössse-Odde). Der Begriff Odde "stammt aus dem Dänischen und bedeutet Spitze oder Vorsprung" (Quelle: Sylt-Lexikon). Solche Orte waren besonders geeignet, um den Schiffsverkehr mangels Hafen abzuwickeln. Schiffe konnten hier bei Ebbe trockenfallen und waren dann wegen des festen Sandbodens sogar wie in Morsum Odde im Süden mit Pferd und Wagen erreichbar (vgl. Meinert Kamp, Keitum, Sölring Foriining, Jahresbericht 1994). Die Wärterbude Nösse Odde diente der Abwicklung des Postverkehrs
in Zeiten des
Eisbootverkehrs mit dem Festland. Sie war deshalb ursprünglich
nur im Winter oder bei Niedrigwasser in Betrieb. H. Cordts war seit 1892 Posthilfsstelleninhaber.
Er wohnte in Klein Morsum. Nach seinem Tode übernahm Andreas Simonsen
seine Aufgabe. 1914 beantrage das Wasserbauamt in Husum wegen des beginnenden
Dammbaus die Umwandlung in eine dauerhaft betriebene Posthilfsstelle.
Im ersten Weltrieg bestand das Militär auf dem Dauerbetrieb der
Posthilfsstelle. Sie erhielt 1915 einen Telegrafenanschluss und wurde
von Postschaffner Thiessen aus Westerland betrieben und mit seiner Familie
bewohnt. Wegen der Überflutungsgefahr wurde sie am 1.11.1916 in
einen Wohnraum des Restaurants Nösse verlegt. Durchgeführt
wurden die Verlegungsarbeiten von Schaffner Thiessen, der im Leitungsbau
ausgebildet war. Nach dem ersten Weltkrieg war die Posthilfsstelle aus
militärischer Sicht nicht mehr erforderlich. Sie wurde deshalb
am 27.11.1918 geschlossen. Die Lage dieser Wärterbude ist vermutlich
am Ende des Sandwegs ganz im Nordosten von Nösse. Dieser Weg ist schon auf einer Karte von 1878 verzeichnet. Die Entfernung zwischen dem später gebauten Restaurant Nösse und diesem Ort beträgt einen Kilometer, so wie in der Korrespondenz zwischen dem Kaiserlichen Postamt in Keitum und der Kaiserlichen Oberpostdirektion in Kiel 1914 beschrieben. Der Standort der Wärterbude macht als Ausgangspunkt für die Eisschiffahrt Sinn, weil er sehr nahe an dem hochwassersicheren Höhenzug von Nösse liegt. Er ist auf dieser
Karte nicht ausdrücklich verzeichnet.
Historische
Karte von Morsum/Sylt (Stand 1878)
Schriftverkehr des Kaiserlichen Postamts Keitum zur Posthilfsstelle
Ca. 1960. Gasthaus Morsumkliff. Der vielen Reiter wegen könnte
es sich um
Ringreiten handeln. Geritten wurde rechts vom Gasthaus. Foto rechts:
Der vorletzte Wirt des Morsumkliff (1957 - 1978) war Jens Heicksen,
Bruder von Magda
Lauritzen geb. Heicksen. Danach übernahmen Thelma Bullock
geb. Heicksen und ihr Ehemann Jimmy das Lokal.
Um 1900. Das Gasthaus Morsumkliff war unsprünglich ein altes
Friesenhaus und ein kleines Lokal für den dörflichen Bedarf.
Es wurde erst später aufgestockt und zum Hotel umfunktioniert.
Foto:Andreas Müller
Die Vergrößerung zeigt die Familie Petersen, die damaligen
Besitzer des Gasthofs Morsumkliff: Links vom Eingang stehen Adalbert
Petersen (*9.11.1868) und seine Ehefrau Inken Petersen geb. Föh
(*20.5.1870 + 20.06.1955). 2.v.r. Adalbert Petersens Mutter Inken Petersen geb. Sörensen
(*6.4.1821 +3.5.1908). Ihr Ehemann Paul Petersen (*12.9.1820 +16.10.1893)
ist der Gründer der Gaststätte. Er erhielt am 19. Mai 1859
vom königlichen Landvogt auf Sylt die Schankerlaubnis. Kurz danach,
am 24.6.1859 haben Paul Petersen und Inken geb. Sörensen
in Morsum geheiratet. Bei den Kindern auf dem Foto handelt es sich vermutlich
um Kinder von Adalbert und Inken Petersen. Sie hatten folgende Kinder:
Karl, Andreas (*28.6.1903), Inka (*23.11.1906 +10.1.1996), Paul, Lina
und Lisbeth. Rechts vom Eingang steht vermutlich eine Angestellte des
Gasthofs.
Foto und Personendaten: Andreas Müller, eigene Recherchen
Paul Petersen ist nicht nur der Gründer des Gasthofs Morsumkliff (vgl. oben), sondern auch ein sehr talentierter Maler. Diese Zeichnung aus dem Jahr 1848 belegt seine souveräne Technik. Die nutzt der gebürtige Morsumer in diesem Werk, um die menschlichen Gefühle Liebe und Hass überzeugend ins Bild zu setzen. Wir sollten ihn neben Hans Kamp (Jürgensen) als herausragenden Morsumer Künstler dauerhaft in Erinnerung behalten. Bildquelle: Andreas Müller
Im Gasthaus Morsumkliff wurden viele Feste gefeiert. Halbrechts vorn
tanzen Magda
und Andreas Lauritzen. (ca. 1960)
Jens Booysen berichtet 1828, dass Vergnügungen der Einwohner, insbesondere
junger Leute, darin bestehen, sich "des Winters einmal die Woche
.. am Abend zu einem Tanz zu versammeln und nach einer, höchstens
zwei Violinen recht nach Herzenslust zu zanzen, wobei aber weder gezecht
wird, noch sonstige Ausgelassenheiten stattfinden."
Silberne Hochzeiten wurden etwas ruhiger gefeiert.
Der Stuben-Laden von Frieda Henningsen in einem Friesenhaus gegenüber
vom Morsumer Bahnhof. Klicken Sie aufs Foto, um sich im Laden geauer
umzusehen. Sie können dann erkennen, was die Morsumer Bauern trotz weitgehender Selbstversorgung zukaufen mussten.
Schon während des Dammbaus wurden die Häuser gegenüber
vom Bahnhof Morsum gebaut. Sie dienten zunächst der Unterbringung
der Bauleitung. Später wohnten dort Bahnbeschäftigte.
Morsum, ca. 1920. Das Pastorat (r.). Dieser matschige Weg führte bevor die Schienen das Dorf teilten, direkt zum Haus von Ohmine Matzen, später Andreas Lauritzen. Zur Landkarte
Die Maus hift bei der Orientierung.
Die Morsumer Kirche und die Schule grenzen aneinander.
Morsum,
ca. 1920. Die Kirche Sankt Martin. Hier wird seit 1651 über
die Gemeinde Buch geführt. "Sie wurde in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut und ist die älteste Kirche auf Sylt. Seit ca. 1500 sind 25 Prediger bekannt und namentlich auf Gedenktafeln in der Kirche festgehalten." Glindmeier 2002, S. 292
"Aus Dankbarkeit für die Führung durch Morsum am 1. Oktober 1925. Otto Pinne"
Morsum, ca. 1914. Hans Johler mit seiner Schwester Irmgard vor der Morsumer Kirche.
Morsum o.J.
Pastor Johler am Eingang der Morsumer Kirche. Seine Begleiter sind der Küster Peter Hansen (l.) und der Kirchendiener Johs. Johannsen aus Keitum.
Der Küster machte keine Schmutzarbeit, wie man schon seinem gepflegten Äußeren ansehen kann. Er ist für die Verwaltung zuständig, rechnet z.B. mit den Putzfrauen ab. Außerdem war er Organist und Lehrer. Als solcher wohnte Peter Hansen auch in der Lehrerwohnung der Morsumer Schule. Er hat wie der Pastor auch etwas Kirchenland zur eigenen Bewirtschaftung: Neben der Schule, wo heute die Feuerwehr steht und gegenüber der Kirche, wo früher Gärtner Glindmeier Blumen und Gemüse zog und verkaufte.
Als Vorbereitung für seine Aufgaben hat Peter Hansen (*25.9.1854 in Keitum, +19.2.1942 in Morsum) eine umfangreiche Ausbildung absolviert. Zunachst am Lehrerseminar in Tondern und dann in Wedel bei Hamburg. Eine Voraussetzung für eine Stelle als Lehrer war, drei Instrumente zu beherrschen. Peter Hansen lernt Orgel, Klavier und Geige zu spielen. Er beendet die Ausbildung mit einer Prüfung. Für die Stelle in Morsum lagen 16 Bewerbungen vor. Peter Hansen bekam die Stelle auch deshalb, weil er als Keitumer friesisch sprach. Warum war die Fähigkeit, Sölring zu sprechen so wichtig für den Lehrer? Fast alle Kinder waren damals einsprachig mit friesisch aufgewachsen. Hochdeutsch lernten sie erst in der Schule. Dafür war eine gemeinsame Muttersprache mit dem Lehrer hilfreich.
Schupflicht gibt es auf Sylt nach dem Übergang zu Preußen seit 1867. Bis 1919 liegt die untere Schulaufsicht bei der örtlichen Kirche, also dem jeweiligen Pastor. Danach geht sie in staatliche Hände über. Der Pastor verliert dadurch auch die Möglichkeit, Religionsunterricht in der Schule zu erteilen. Konfirmanden müssen für ihren Unterricht nachmittags ein zweites Mal erscheinen. Das führt bei den Bauern in Morsum zu viel Unmut, da sie auf ihren Höfen oft jede helfende Hand ihrer Kinder brauchen. Der Religionsunterricht fällt deshalb für manche von ihnen aus. Es entstehen Spannungen zwischen Pastor, Lehrer und Eltern.
Kirchendiener Johannsens Aufgaben waren u.a.
Gräber auszuheben, Kohle für die Heizung bereitzustellen und den Blasebalg der Orgel zu treten. Wenn er es im Alter nicht mehr so kraftvoll schaffte, rief Organist Hansen manchmal:"Luft, Luft, Luft!"
Pastor Johler hat in der Druckerei seines Vaters eine würdevolle Ehrenurkunde zur Verabschiedung von Küster Peter Hansen anfertigen lassen. Neben seinem Arbeitsort Kirche wird seine Arbeit als Lehrer durch ein Buch und und einen Federkiel im Tintenfass symbolisiert. Rechts im Bild das Morsum Kliff. Unterschrieben hat für die Gemeinde Bürgermeister Volker Klasen.
"Mein Großvater Peter Hansen hatte als Lehrer und Küster in Morsum die Wohnung in der Schule, wozu auch ein Viehstall gehörte. Er bekam ihn von der Gemeinde gestellt, um mit etwas Viehhaltung sein Gehalt aufbessern zu können. Nun war der untere Teil der der zweiteiligen Stalltür so schadhaft geworden, so daß er erneuert werden mußte. Ein Tischler im Ort sollte diese Tür erneuern und wollte dafür 5 Reichsmark haben. So kam der Gemeinderat mit Pastor Johler zusammen, um diesen Auftrag zu genehmigen. Die Gemeindevertreter taten sich sehr schwer und meinten 5 Mark sei doch viel Geld dafür und diskutierten, ob man die Gemeinde damit wohl belasten könne. Es ging hin und her und man kam zu keinem Ergebnis. Da wurde es Pastor Johler wohl zu dumm und er sagte, wir haben hier noch mehr zu besprechen und damit wir weiterkommen:"Hier habt ihr eure 5 Mark!" Damit warf er ein Fünfmarkstück auf den Tisch. Die Herren von der Gemeindevertretung steckten dieses Geld beflissentlich ein. Küster Hansen war darüber sehr empört und er soll zuhause noch den ganzen Abend gesagt haben:"Und sie haben es genommen! Und sie haben es genommen!" (Berthin Hansen)
C.P.Hansen bedauert das Los der Sylter Lehrer. "Arm zu sein, ist
sehr betrübend auch für den Lehrer, raubt ihm so leicht Muth
und Kraft zu seinem undankbaren Berufe. ... Trockenes Brot essen und
Wasser trinken, Fasten und Frieren sind für ihn nicht unerträglicher
als für andere Dürftige. Jedoch Rechte zu haben, durch Gesetz
und Landesfürsten gegeben, und denoch sein ganzes Lehrerleben hindurch
erfahren müssen, daß dieselben ... fortwährend gekränkt,
ja wohloft gar verhöhnt werden,...das übersteigt auch zuletzt
die Geduld eines noch so philosophischen Lehrers." (S. 167f)
Eintrag von Lehrer Peter Hansen in das Poesiealbum von Alma Simonsen. Umschrift von Karin Lauritzen.
Die Morsumer Kirche um 1910.
Morsum, ca. 1922. Das Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs. Im Hintergrund die Morsumer Schule.
Morsum 1918. Klasse 1: 39 SchülerInnen aus den jüngeren
Jahrgängen, die gemeinsam unterrichtet wurden.
obere Reihe (v.l.): Christian Nielsen, Heinrich Thevagt ,
Friedrich Thießen, Anton Schmidt, Walter Lorenzen, Peter Henningsen,
Jennes Simonsen, Andreas Thießen, Erwin Matzen.
2. Reihe: Boy Bohn, Jens Petersen, Karl Nissen, Martin Jensen,
Konrad Boysen, Wilhelm Thevagt, Max Simonsen, Carl Andersen, Carl Ball,
Bernhard Jürgensen
3. Reihe: Magnus Henningsen, Magda Heicksen,
Christine Nissen, Inken Thießen, Anna Petersen, Karl Thevagt,
Marie Henningsen, Helene Thevagt , Bertha Petersen, Ose Cornelissen,
Paul Knittel
untere Reihe: Julchen Jepsen, Alice Malzan, Erna Howold, Erasmine
Hansen, Christian Klint, Luise Thevagt, Ella und Johanna Schwarz.
Lehrer ist Peter Hansen (Mitte).
Zur Geschichte der Morsumer Schule
"Die Morsumer Schule ist die dritte der großen Kirchspielschulen Sylts, die wohl in der ersten Zeit der Entwicklung mit die bedeutendste war. Um 1640 herum hören wir von Morsum nur von den Kirchen-und Schuldiener Mochel Madis, demnach muss doch schon eine Schule da gewesen sein. Er war ein sehr fleißiger Chronist, schrieb alle wichtigen Begebenheiten auf, merkwürdigerweise hat er aber von einer Schule nichts erwähnt. 1705 wurde auf Veranlassung des Predigers Urban Flors nach vielem Widersprechen der Gemeinde eine öffentliche Gemeindeschule in der Nähe der Morsumer Kirche gebaut, auf Kosten der Kirche und der Gemeinde. Der Prediger selbst erteilte den Unterricht; seit 1728 half ihm sein Sohn Martin Richard. 1729 wurde, nach Flors Aussagen zum ersten Mal in Morsum ein examinierte Lehrer angestellt. Dieser war auch verpflichtet, Sommer und Winter den Unterricht zu erteilen und daraufhin war das Schulgebäude gründlich überholt und ausgebessert worden.
Später wurde wegen Überfüllung der Küsterschule im Winter eine kleine Nebenschule errichtet. 1766 starb der Sohn des Predigers Flors nach segensreicher Arbeit. Sein Sohn wiederum, Otto Flor der Jüngere, wurde zum Nachfolger erwählt. Er fühlte sich aber in seinem Wirkungskreis nicht recht glücklich, hatte einen Nebenerwerb auch nicht nötig, da er so leben konnte, und legte 1778 sein Amt nieder. Als Nachfolger wurde der inTinnigstedt geborene Sönke Carstensen berufen, der 1811 das Küsteramt mit übernahm. Bis 1825 blieb er im Amte. Wegen irgendwelcher Kleinigkeiten geriet er mit den Morsumern in Streit und musste dann auf seine eigenen Kosten einen Hilfslehrer anstellen. 1835 bekam Morsum einen neuen Lehrer, der jetzt gleichzeitig für die neueingebaute Orgel Organistendienst mitleisten musste. Die steigende Schülerzahl zwang hier zu einem Neubau. Von da an zeigt sich auch in Morsum ein Aufstieg bis zur heutigen Stunde, es befindet sich jetzt dort eine zweiklassige Volksschule." Sylter Tageblatt 1926
Morsum, November 1923. Dieses Einschreiben erreicht Pastor Johler in Morsum. Wegen der Inflation und des Werts einer Briefmarke von 5 Millionen Mark reicht der Briefumschlag nicht aus, um alle notwendigen Marken aufzukleben. Auch die Rückseite des Briefs und der Marken ist beklebt. Später kosten einzelne Briefmarken auch schon mal 5 Milliarden Mark. Manche Morsumer wie Julius Matzen und seine
Frau Ohmine geb. Thaysen verlieren ihre Ersparnisse, die sie in Anleihen angelegt haben.
Da die Papiermark kaum noch Wert besitzt, beginnen viele Gemeinden auf Sylt
eigenes Notgeld einzuführen: Morsum, Archsum, Keitum, Tinnum Westerland, List und Vogelkoje machen es, für Rantum und Hörnum lohnt es sich nicht - es leben dort zu wenig Menschen. Der Morsumer 2-Markschein mit dem Motiv des Morsum Kliff wurde von Mühlmeister und Johler aus Hamburg gedruckt, der Firma von Pastor Hans Johlers Vater. Ablesbar auf dem Notgeld. Auch das Kaufhaus HB Jensen in Westerland gibt eigenes Notgeld heraus: Einfache Zettel.
Auch für Beerdigungen ist das Geld knapp. Verstorbene werden in einen Papiersack gelegt. Der wird auf einem einfachen Holzbrettgestell plaziert. Darüber stellte man einen aufwendigen Sargdeckel. Nach der Beerdigung
zog man den Sargdeckel zur Wiederverwendung wieder heraus und ebnete das Grab ein. Ein ähnliches Vorgehen ist auch aus der Zeit nach 1945 überliefert.
Mit der Einführung der Rentenmark ab Ende 1923 und später der neuen Reichsmark wird die Hyperinflation beendet.
Morsum, ca. 1920. Pastor
Hans Johler fotografiert seine Kirche von oben
...(der Orgel-Empore)
...und von unten. Bis heute ist das Innere der
Morsumer Kirche mehrfach umgestaltet worden.-
Morsum, ca. 1932/33. Der Innenraum ist umgestaltet worden.
Pastor Urban Flor klagte um 1730 über die rohen Sitten in der Morsumer
Kirche, besonders bei Hochzeiten: Man hat zu Hochzeiten "Brandtwein
mit in die Kirche genommen, sich toll und voll gesoffen, geschrien,
geraset, getantzet und geschossen, daß man sein eigen Wort in
der Kirche kaum hören" konnte. "Man hat (an gewöhnlichen
Sonntagen) nach der Predigt zu plaudern auf den Kirchhof hinausgegangen
und dann nur innerhalb der Kirchthür im Gang so lang wieder hineingelaufen,
biß der Segen gesprochen." (C.P.Hansen, S. 160f)
Auch Hannes Hebbeln, Junglehrer in Morsum, der Ostermontag 1922 in Vertretung für Pastor Johler einen Lesegottesdienst hielt, war von der Reaktion der Gottesdienstbesucher enttäuscht:"Ich glaubte, meine Sache gut vorbereitet und gut gemacht zu haben, aber die Leute hörten leider nicht zu...In der kalten Kirche, großer Raum, kahl und weiß, nur etwa 65 Besucher, die sich im Raum verlieren. Kein Interesse, nur gleichgültige Gesichter, ernst und eisern, kein Interesse." (Brief von Hebbeln vom 21.4.1922). Hebbelns Bibeltext:
Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg? verarbeitete er -wie er schrieb- nicht kirchlich-dogmatisch, sondern freireligiös."Die Kirche dem Pastor, Lebensreligion jedem Menschen! Das Mottol unseres Lebens ist: Zum Kämpfen geboren - zum Siegen erkoren!"
Pastor Johler kommentierte Feddersens Erfahrung ihm gegenüber mit den Worten, das sei immer so, das sei die Andacht, Versunkenheit; "Kein Interessebekunden, keine flammenden Augen, die passen nicht
in die Kirche."
Morsum, ca. 1920. Die Kirche mit der alten Schule mit Blick nach Süden. Bis 1919 wurde die Ortsschulaufsicht durch die jeweiligen Pastoren ausgeübt, danach durch ministerielle Verfügung der kirchlichen Obhut entzogen. Piening, S. 62
Morsum, ca. 1920. Die Kirche mit der alten Schule (links) mit Blick nach Norden.
Morsum 25.8.1924. Dr. Andreas Nielsen fotografiert Schule und Kirche.
Morsum, ca. 1960. Ganz nebenbei präsentieren Morsumer anlässlich
des Gottesdiensbesuchs ihre todschicken Autos. Das Innere der Kirche
zu jener Zeit zeigen die folgenden drei Fotos. Der damals freie Blick
zum Ostfenster hinter dem Altar wirkt auf mich angenehm bescheiden und
illuminiert das pastorale Geschehen während der Vormittagsgottesdienste
sehr stimmungsvoll. Damit würdigt man gleichzeitig die besondere
architektonische Leistung der Erbauer der Kirche Sankt Martin.
Links der Flügelaltar von 1738.
Vor
1913. Die Morsumer Kirche mit Empore auf der linken Seite. Sie wird anlässlich der Grundsanierung 1932/33 vollständig entfernt.
Eintrag von Pastor Bahnson in das Poesiealbum von Alma Simonsen. Umschrift von Karin Lauritzen. Das Poesiealbum enthält insgesamt 17 Einträge, überwiegend von MitschülerInnen.
Ein Vorgänger von Pastor Hans Johler
in Morsum: Friedrich Christoph Carl Hasselmann aus Schleswig (Pastor
in Morsum 1901 - 1905) Unmittelbarer Vorgänger war:
Richard Carl Eduard Schacht aus Westerhever (1905 - 1912). Von 1913
- 1927 war Daniel Gustav Hans Johler Pastor in Morsum. Seine Nachfolger:
Dr. Otto Glöckner (1928 - 1935), Hans Friedrich Joh. Ingwers (1945
- 1969), Jochim Hartung (1969 - 1996), Ekkehard Schulz und Dr. Christiane Eilrich (2018 - 2021). Gegenwärtig ist Ingo Pohl Pastor in Morsum.
In der pastorenlosen Zeit von 1935 - 1945 wurde die Kirche vom Keitumer Pastor mitbetreut.
Brautpaar.
In der Zeit bis zum Dammbau und der damit einhergehenden Expansion des
Tourismus litt Sylt unter einem starken Frauenüberschuss. Grund
dafür waren die starken Männerverluste durch die gefährliche
Seefahrt. So ertranken z.B. allein am 15.3.1744 mittags 12 Uhr mit dem
Schiffer Theyde-Bohn aus Klein-Morsum 84 Sylter, die auf dem Weg nach
Amsterdam waren, um sich dort als Seefahrer zu verdingen. 55 der Ertrunkenen
stammten aus Morsum, das im Jahre 1745 738 Bewohner hatte. Geprägt
durch den Schiffsuntergang weist die Statistik das Mißverhältnis
von 282 Männer und 456 Frauen aus (C.P.Hansen, S. 184f). Da die
Seefahrt gerade die jeweilige Vatergeneration besonders beschnitt, spricht
Hugo Krohn von einer "weitgehenden Brachlegung der Gebährkraft."
(Krohn, S. 161)
Morsum 18.5.1928. Hochzeitszug.
Weil Kutschen oder gar Autos in ausreichender Zahl nicht zur Verfügung
standen, gingen Brautpaar und Gäste üblicherweise in einem
Hochzeitszug gemeinsam zur Kirche.Hier im Bild heiraten Karl Fink (* 28.05.1902 in Friedrichskoog bei Hoyer
+ 25.03.1994 in Morsum) und
Inken Margarethe Thiessen (* 11.06.1905 in Morsum
+ 09.10.1988 in Morsum).
Morsum, 8.12.1919. Anni Hoffmann feiert Geburtstag. Mit eingeladen ist Elwine Johler, die Frau des Pastors (obere Reihe 2.v.l.).
Weihnachten in Morsum um 1930
Weihnachten in Morsum um 1930
"Wenn Ihr diesen Brief lesen werdet, ist der Heiligabend [1954] wohl da und Ihr werdet Euch wie wir unter dem Lichterbaum versammelt haben. Es ist ja schön, dass Omi Elwine an dem Abend bei Euch sein kann. Wir sind ja, und besonders Ihr, gewohnt gewesen, dass am Heiligabend Besuch mit geheimnisvollen Paketen kam. Modje und Goge-Keitum zählten ja zu Weihnachten zum eisernen Bestand. Wenn sie von Euch empfangen und nachmittags mit dem Zug gekommen waren, gabs erst mal Kaffee mit einem Stück Weihnachtsklöben. Dann war es erst richtig Weihnachten. So Uka, dürfte wohl Deine Weihnacht [um 1930] in der Erinnerung aussehen. Ganz ähnlich ist es auch [um 1905] bei uns zu Haus, doch war der Aufwand in jeder Hinsicht nicht so wie jetzt, wenn auch das, was wir an Gaben erhielten, weit über dem hiesigen Durchschnitt lag. Wie anders war es noch zu Vaters Zeiten [um 1879] gewesen! Seine Mutter hatte zu Weihnachten braune Kuchen gebacken und am Weihnachtsmorgen (1. Feiertag) gab es dann ein Stück Spielzeug. Einen Baum gab es längst nicht in jedem Hause, auch abends kein warmes Essen. Früh mussten dann die Kinder ins Bett, da sie ja vor Aufregung am nächsten Morgen wieder früh hoch waren um die neue Puppe (damals aus Stoff) oder ein Paar hölzerne Schlittschuhe mit Eisenschiene oder einen selbst gebauten Schlitten zu bestaunen. Ich weiß nicht, was unsere Kinder sagen würden, wenn sie nicht mehr vom Weihnachtsmann bekommen würden; ja, die Kinder bekamen, wie Vater erzählte, wenn sie etwas älter waren manchmal nur ein Paar neue Holzschuhe und haben sich vielleicht darüber ebenso gefreut wie heute über die manchmal doch etwas überladenen Gabentische. Man bedenke, dass die Kinder damals [etwa bis zur Jahrhundertwende 1900] vor der Konfirmation in der Regel nur Holzschuhe hatten. „Tempora mutantur“ sagt der Lateiner! [Die Zeiten ändern sich] Ob zum Besseren?! Wer weiß!
Nun wurde es doch auch ein Weihnachtsbrief. Man kann ruhig mal an die Alten denken und bescheiden werden. Ich sage das nun nicht, weil unsere Gaben bescheiden sind. Sie sollen ja nur die Verbindung zur Heimat geben und als solche kann die kleinste Gabe ihren Zweck erfüllen." Auszug aus einem Wehinachtsbrief von Andreeas Lauritzen an seinen Sohn Uka und Familie 1954.
Schule
in Morsum um 1920. Das Haupthaus mit Lehrerwohnung wurde 1836 gebaut,
der Nebenflügel 1858. Hier wohnt von 1923 bis 1945 Lehrer Karl Kruse (* 25.05.1890 in Brokdorf im Kreis Steinburg
+ 26.03.1966 in Morsum) mit seiner Familie im Giebelzimmer. Die Lehrerstelle macht Heinrich Feddersen zum 1. Juli 1923 frei, der nach Uphusum geht. 1948 zieht Lehrer Ewald Bensel (* 1911 in Insterburg, + 1983) in die Wohnung. Lehrer Erich Cornehl ( * 23.07.1898, + 13.05.1970) wohnte im Pastorat, solange Morsum keinen eigenen Pastor hatte (1935 - 1945). vgl. Glindmeier 2002, S. 58, 106.
Lehrer Hannes Hebbeln beschreibt in einem Brief an seine Frau seinen Abschied von der Morsumer Schule:
Morsum ca. 1920. Lehrer Hannes Hebbeln mit seiner Schwester Margareta Hebbeln und Pastor Hans Johler vor der Morsumer Schule.
Hans und Elwine Johler (l.) mit Junglehrer Feddersen am Klavier. Daneben stehend Lehrer Hannes Hebbeln, der die Insel verlässt, um sich zum Mittelschullehrer weiter zu bilden. Unten rechts seine Schwester Margareta, die ihm den Haushalt führt. Diese Rolle nimmt sie auch für Lehrer Feddersen wahr, bis sie auf ihren elterlichen Hof in Hademarschen zurückgerufen wird. Sie bleibt bis zu ihrem Tod Elwine freunschaftlich verbunden. Es gibt eine lange Korrespondenz zwischen den beiden.
Margarete Hebbeln kommt wie ihr Bruder von einem Hof in Hademarschen. Sie hat nicht geheiratet. Immer wieder wird sie bei Geschwistern gebraucht, die auf verschiedene Höfe geheiratet haben. Kinder müssen betreut werden, auch ihre eigenen Eltern im Altenteil. Überliefert ist von ihr folgender Reim, der ihre persönliche Situation mit viel Witz beschreibt:
To Bed, to Bed,
wer`n Levsten hätt.
Wer keenen hett
mutt ok to Bed.
Mit`m Kissen in Arm
is ock schön warm.
Roland Johler war öfter in den Ferien bei Margarete in Hademarschen auf dem elterlichen Hof zu Besuch. Es gefiel ihm, weil dort viele Kinder lebten, mit denen er spielen konnte. Karin Johler kam nur gelegentlich mit. Sie erinnert sich daran, dass Margaretes Mutter immerzu Strümpfe strickte. Es gab viele Füße zu bestrumpfen.
Lehrer Karl Kruse (*25.5.1890 - +26.3.1966) in der Morsumer Schule 1929.
Morsum, ca. 1929. Klassenzimmer in der Schule vor dem Umbau.
Sie wurde 1705 als erste öffentliche Schule auf Sylt auf Initiative
von Pastor Flor erbaut. Die "kurzsichtige und engherzige"
Morsumer Bevölkerung versuchte mit allen Mitteln, den Bau zu verhindern.(C.P.Hansen,
S. 111).
Booysen berichtet, dass um 1828 jeweils 2 Lehrer in Morsum tätig
waren: Der Küster und ein Seminarist als Unterlehrer. Bis 1790
wurden gewöhnlich bedürftige Seeleute als Schullehrer eingesetzt,
Leute, die "sonsten nicht zu gebrauchen" waren. Entsprechend
fiel der Untericht aus: Auswendiglernen im Gesangbuche, "Buchstaben
machen, was man schreiben nannte, Zahlen machen, was man rechnen nannte"(S.72).
Eine positivere Sichtweise des Schulwesens vor Errrichtung öffentlicher Schulen beschreibt Meinert Nielsen, seit 1951 Lehrer der einklassigen Archsumer Volksschule
Archsum in seiner Schrift 200 Jahre Archsumer Volksschule 1761 - 1961: Auch vor Gründung der Volksschule gab es "schon jahrelang vorher wie in allen Dörfern der Insel eine Privatschule, die aber nur den Winter über durchgeführt werden konnte, weil Kapitäne die Lehrer waren, und sie waren den Sommer über auf See. Unterrichtet wurde vorwiegend in Rechnen und Navigation. Gelegentlich kam auch das Lesen und Schreiben dazu. Sofern ein älterer Seemannn zur Stelle war, wurde auch sommertags unterrichtet.... 1762 wurde in Tondern ein Lehrerseminar errichtet... Es ist anzunehmen, daß um 1780 endgültig Schluß war mit den Privatlehrern." Meinert Nielsen, Braderup, weist in seinem Artikel Das Volksschulwesen auf Sylt (1926) darauf hin, dass die Kapitäne und Privatlehrer lediglich Jungen ausbildeten, um sie für die Seefahrt vorzubereiten. Dementsprechent einseitig waren die Unterrichtsinhalte auf Lesen, vor allem aber Mathematik, Steuerkunde, Astronomie und Zeichnen ausgerichtet. "Die Mädchen hatten genauso ihre Zusammenkünfte, aber da wurde nur erzählt; das Spinnen und Strickedrehen ermöglichte eine gute Unterhaltung, namentlich wurden die alten Hex- und Spukgeschichten erzählt, dann über Sitten und Gebräuche gesprochen. Im übrigen aber lernten sie nur soviel,dass sie eben ihren Namen schreiben konnten."
Fotos rechts: Schulausflüge der Morsumer
Schule |
Oben: 1. Mai
unten: |
Morsum, Mai 1929. Die Schule wird umgebaut.
Die Morsumer Schule während des Umbaus.
Ca. 1936. Morsumer SchülerInnen voller Optimismus.
Gefallen im 2. Weltkrieg.
Untere Reihe 4.v.r. Erk Lauritzen, jüngerer Bruder von Georg
Lauritzen. Erk überlebt den 2. Weltkrieg. Als Fallschrimspringer
muss er u.a. über Kreta abspringen. Später wird er Landwirt
in Morsum.
Die Monatsbezeichnung Hornung steht für Februar. Ostermond für April. Brachet ist der Juni und Hartung der Januar. Im Jahre 1927 versuchte der Deutsche Sprachverein neue Monatsnamen einzuführen. Lehrer Kruse ist dem gefolgt.
In einem Brief vom 27.10.1780 schreibt Seefahrer Schwen Bundis aus Morsum
von Bord seines Schiffes dem Zeitgeist entsprechend seinen Kindern:
"Bey dem Antritt Eurer Reise in die Welt seid vorsichtig in Euren
Handlungen. Ihr habet auf den Beyfall der Welt keine begründete
Ansprüche, daß ihr mit Recht zürnen dürfet, wenn
man Euch denselben nicht bey allen Gelegenheiten zustehet. Ein kluges
Mißtrauen gegen Euch selbst bewahret für die Thorheiten des
Stolzes und für die schädlichen Folgen der Vermessenheit.
Bedenkt, daß Ihr dem Gemeinwesen gehöret, und nicht Euer
Brod essed, um gemächlich zu leben, sondern in seinem Dienste zu
arbeiten. Gehet allzeit den geraden Weg; thuet Recht und dann scheuet
Niemand. Sorget nicht ängstlich dafür, wie Ihr Euer Glück
in der Welt machen solltet; sorget dafür, daß Ihr geschickte
Leute und gute Christen werdet, so findet ihr unfehlbar den euch von
Gott bestimmten Platz in der Welt. Machet Euch auch bey Eurer größten
Redlichkeit auf Veränderungen des Glücks und auf manche widrige
Fälle gefaßt. Zuletzt, meine Lieben, und das liegt mir am
meisten am Herzen: Fürchtet Gott! Ehret den König und die
Obrigkeit!"
Üüs Jungenstir: Liedtext von Max Bossen, Vertonung
Lehrer Karl Kruse.
Max Bossen (*5.3.1888 in Westerland 3.11.1958 in Morsum) war Tischler und Sylter
Heimatdichter, schrieb viele Lieder, Verse und Komödien in friesischer
Sprache. Max Bossen wohnte mit seiner Frau Emma geb. Petersen im Haus, das heute als Fränkische Weinstube bekannt ist. Er schrieb auch viele friesische Theaterstücke. vgl. Glindmeier 2002, S. 170 Karl Kruse (*25.5.1890 in Brokdorf 26.3.1966 in Morsum),
Lehrer in Morsum, war u.a. 40 Jahre lang Chorleiter des Männergesangvereins
in Morsum.
Das Lied wird hier hoffentlich auch bald zu hören sein! Wer singt es und schickt eine Aufnahme?
(Original-Noten: Emma Scholz)
Morsum. Schülerinnen kommen zum Gratulieren. Geehrt werden
Karl und Mitje Nissen. Im Hintergrund links die Lehrer Erich
Cornehl und Ewald Bensel. Schülerinnen (v.l.): Letty Jürgensen,
Brunhilde Voss (Fink), Hilde Laabs (Heicksen), Ulla Knitttel,
Gerda Litzkow (Bartling), Marianne Lorenzen.
Morsum, ca. 1930. Kinder spielen Ball.
Archsum, o.J. Sievert P. Saxen passt in diese Bilderreihe, denn er war von 1859 - 1872 Lehrer im Nachbardorf Archsum. Er wohnte in der Lehrerwohnung der Schule. 1871 erlebte er noch die Fertigstellung des neuen Klassenraumes als Anbau an seine Dienstwohnung. (200 Jahre Archsumer Volksschule) Das Foto ist in Husum gemacht worden, bei Otto Koch in der Süderstraße 152.
Morsum, ca. 1925.
Mein Haus, meine Tiere, meine Maschinen, meine Familie und Ich.
Jens Booysen, Beschreibung der Insel Silt, Schleswig
1828: Nachdruck 1976 herausgegeben von Manfred Wedemeyer, Schleswiger
Druck- uind Verlagshaus, S. 85f
Nach Booysen
Der Misthaufen, Gerätschaften, Knubbelpflaster.
Sylt, ca. 1920.
Das gute Geschirr im Friesenhaus.
Ausgewanderte Morsumer schicken Fotos nach Hause:
Karl Christiansen bei seiner Tochter Thea. Mein Schwiegersohn und
Lothars Farmerhaus 1/4 Meile (englisch) bei Nord Lemoore in Tulare County,
California.
Elisabeth Westmore belegt in Ihrem Buch Auswanderer von Sylt 1867 - 1914 für diesen Zeitraum allein aus Morsum 95 Auswanderer. Die meisten zieht es in die USA. Insgesamt werden 590 Auswanderungen von Sylt dokumentiert.
Mr. Luskenbild, Anton und ich.
Sylter in den USA. Offensichtlich handelt es sich
um Julius Matzen aus Morsum(l.). Vgl. Foto unten. Es gibt ein Foto von Julius Matzen bei Emma Scholz, Blick auf 100 Jahre Morsum Sylt, S. 99, auf dem er auch so einen Schnurrbart trägt.
Dieses
Foto zeigt lt. Andreas Lauritzen Julius Matzen.
Julius Matzen ist am 1.12.1877 in Morsum geboren, im Alter von 15 Jahren 1893 ausgewandert
und wohnhaft in Milwaukee Ward 17 , Milwaukee, Wisconsin. Dort wohnt
er lt. Volkszählungsunterlagen von 1900 in einem Haushalt mit Chrit
Matzen,32, Clara Matzen, 27, Elsa Matzen, 5, Irene Matzen,
3. Julius Matzen heiratet am 16.6.1906 die Morsumerin Jensine Christine Feddersen. Sie haben zwei Töchter: Alice (1907) und Thelma (1909). Lt. Elisabeth Westmore kam Julius Matzen wieder nach Morsum zurück und wurde dort "Julius Dollar" genannt.
Jensine Christine Feddersen (* 19.04.1879 in Morsum
+ 18.08.1948 in Morsum), die Ehefrau von Julius Matzen. Bei ihr hat Elwine Johler, die Frau von Pastor Johler als Stadtkind das Melken gelernt. Sie brauchte die Milch für ihre Kinder und hielt deshalb in den 1920er Jahren 2 Kühe im Pastorat.
1893. Morsumer in Iowa. Es dürfte sich um Christian
Matzen und seine Frau Clara Zinke (* 08.03.1872 in Minnesota
+ 13.01.1946 in Alameda) handeln: oo 1893. Quelle Emma Scholz. Christian Matzen ist am 26.1.1868 in Morsum geboren und am 3.8.1950 in Oakland/Kalifornien gestorben. Er reiste mit 15 am 20.5.1883 von Hamburg an Bord der Bohemia als Zwischendeckspassagier nach New York. Ankunft 5.6.1883, Einbürgerung 1889. Sie bekommen dre Kinder: Elsie *1895, Irene *1897 und Rosella *1903.Als Berufe gibt er an:Landmann (1893), Tischler (1900 und 1930), Pensionsbetreiber ab 1910. Westmore, S. 193f.
Christian
Matzen, Amerika-Auswanderer auf Besuch in seiner Heimat Morsum, steht
vor dem Haus von Ferdinand und Mathilde Jensen, heute Lüger Wal 7. Kutscher ist Friedrich
Lorenz Petersen. Bildunterschrift: "Hing sich später auf."
Neben ihm sitzt Anton Jensen. Mathilde Jensen (*1890) ist eine geborene Matzen. Vgl. Glindmeier S. 244
1919. Identifizierung des Julius Matzen zum Zwecke der Passausstellung
Identifizierung durch einen Bekannten von Julius Matzen aus dem Jahre
1919 zum Zweck der Passausstellung.
Passantrag von Julius Matzen aus dem Jahre 1919
Austin, Ill. Bei dem Mann handelt es sich vermutlich um einen der beiden Nissen-Brüder, die von ihrem Geburtsort Morsum in die USA auswanderten und beide auch in Austin, Illinois gelebt haben. Sie betrieben dort ein Kolonialwarengeschäft. Lütje Heinrich Cornelius Nissen (*15.6.1864 in Morsum +7.4.1940 in Austin, Ill., °° 19.11.1892 in USA Helen Nellie Rennie Gerrard, 3 Kinder) oder Nicolaus Christoph Nissen (*29.1.1861 in Morsum +14.1.1941 in Ocean Springs Mississippi, °° 1891 Sarah Campbell, 4 Kinder)
Stephen Claas Bohn *4.10.1849 in Morsum +30.9.1931 in den USA fährt am 10. November 1893 von Hamburg an Bord der "Moravia" nach New York. Ankunft 25.11.1893. 1906 reist er von Bremen mit der "Grossen Kurfürst" ein zweites Mal nach New York, offensichtlich nach einem Besuch in seiner Heimat. Über eine Heirat und Kinder ist nichts bekannt. Er lebt lt. Volkszählungsunterlagen 1920 in New Holstein, Calumet, Wisconsin, Untermieter der Familie Pauley und 1930 in Fond du Lac, Wisconsin. Die im Foto genannte Stadt Milwaukee ist die größte Stadt im Bundesstaat Wisconsin. Auch sein Bruder Boy Steffen Bohn wandert 1895 in die USA aus. Er lebt in Des Moines, Iowa und ist Fotograf. Quellen: Bildzuordnung von Emma Scholz, Text Elisabeth Westmore S. 52f
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Üüs Söl’ring Lön’
August Merkel, *26.12.1899,
18.8.1976,
Schmied in Morsum
> siehe auch:
Historische Fotos von
Friesenhäusern
Sylter Häuser
Badebetrieb auf Sylt
Der 1. Weltkrieg auf
Sylt ... viele Fotos aus Klappholttal und vom Ellenbogen
Siehe auch historische Karte
von Morsum (Stand 1878)
sowie die Anschlusskarte Keitum
Karte Morsum 1811 (Vermessung
1783-87)
Morsumer mit Hakenkreuz
Zitierte Quellen:
Hansen, Christian Peter; Der Sylter Friese, Kiel 1860
Booysen, Jens; Beschreibung der Insel Silt, Schleswig 1828, Nachdruck
von Manfred Wedemeyer (Hrg.), Schleswig 1976
Krohn, Hugo; Die Bevölkerung der Insel Sylt, Bredstedt 1984
Dannenberg, Gerd: Schicksal hinter goldenen Lettern
Nielsen, Meinert; Das volksschulwesen auf Sylt, Sylter Tageblatt 1.5.1926
Viele Männer sind Opfer der Seefahrt:
Bevölkerungsentwicklung
in Morsum
(Krohn, S. 160)
Jahr |
Gesamt |
männl. |
weibl. |
1613 |
298 |
|
|
1658 |
345 |
|
|
1689 |
460 |
|
|
1695 |
471 |
|
|
1709 |
550 |
|
|
1745 |
738 |
282 |
456 |
1769 |
786 |
324 |
462 |
1775 |
780 |
|
|
1803 |
761 |
314 |
447 |
1821 |
703 |
|
|
1825 |
728 |
|
|
1835 |
705 |
297 |
408 |
1840 |
734 |
|
|
1845 |
749 |
321 |
428 |
1850 |
767 |
|
|
1860 |
771 |
353 |
418 |
1871 |
681 |
276 |
405 |
1875 |
664 |
265 |
399 |
1880 |
662 |
257 |
405 |
1890 |
669 |
276 |
393 |
1895 |
636 |
276 |
360 |
1900 |
555 |
242 |
313 |
1905 |
484 |
212 |
272 |
1910 |
473 |
220 |
253 |
1919 |
489 |
228 |
261 |
1925 |
763 |
488 |
275 |
1933 |
511 |
257 |
254 |
Man bleibt unter sich
Auswärtige Ehegatten in Morsum
(Krohn, S. 163)
Jahr |
Ehen insg. |
männl.
ausw. |
weibl.
ausw. |
1651-
1674 |
72 |
2 |
0 |
1675-
1699 |
106 |
3 |
0 |
1700-
1724 |
120 |
4 |
0 |
1725-
1749 |
163 |
24 |
0 |
1750-
1774 |
117 |
17 |
0 |
1775-
1799 |
131 |
28 |
4 |
1800-
1849 |
145 |
42 |
4 |
1850-
1874 |
134 |
37 |
7 |
1875-
1899 |
128 |
37 |
2 |
1900-
1924 |
142 |
28 |
13 |
1925-
1933 |
39 |
20 |
14 |
"Die Zuwanderer kamen meist als
landwirtschaftliches Gesinde und Handwerker nach Morsum, in früheren
Zeiten waren wohl viele Seefahrer darunter. Die Mehrzahl entstammte den
nahegelegenen friesischen Marschdörfern der Wiedingharde und dem
sich nach Norden erstreckenden Küstensaum bis nach Ripen hinauf."
Diesen Weg beschritt auch
Nikolai Christian Lauritzen,
der aus Neukirchen nach Morsum kam , um zunächst als landwirtschaftlicher
Helfer beim Pastor zu arbeiten. Krohn weist in den Jahren
1861
1867
1868
1876
1900
jeweils einen Zuwanderer aus Neukirchen nach Morsum nach. Ich habe noch
nicht herausgefunden, wann NCL nach Morsum kam.
Quellen:
Walter Glindmeier, Morsumer Häuser im Wandel der Zeit
1920 bis 2002, Niebüll 2002
Elisabeth Westmore, Auswanderer von Sylt 1867 - 1914, Norderstedt 2015
Holger Piening, Zwischen Monarchie und Führerstaat, Nordfriesische Pastoren im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts,
in: Zwischen Eider und Wiedau, Nordfriesland 2017
Meinert Nielsen, 200 Jahre Archsumer Volksschule
Stand der Einwohnerzahlen 31.03.2020 Sylt: 8856
Quelle: Kreis Nordfriesland
Thomas Steensen gibt in seinem Buch Die Friesen, Wachholtzverlag 2020, S. 231 an, dass ca. 3 % der Bevölkerung noch Sölring sprechen. Das wären nach dieser Überschlagsrechnung noch 265 Personen. Es werden vermutlich einige mehr sein, weil viele Sylter die Insel verlassen haben.
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