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Bernhard Frank, deutscher Pastor in Wolde auf Oesel (Estland),
im Jahre 1869 seit 13 Jahren verwitwet, berichtet seinen auswärts
lebenden Kindern, was zu Hause geschieht und nimmt liebevoll Anteil an
deren Leben. Bei ihm wohnen noch drei seiner insgesamt 9 Kinder: Elise
Antonie Auguste genannt Alla (19), Christiane Elisabeth genannt Christel
(20), Adelheid Constanze (23). Der letzte Brief ist die Nachricht über
den Tod von Bernhard Frank am 9.12.1870. Trotz aller Schicksalsschläge
ist er voller Gottvertrauen.
Aus den Briefen wird u.a. deutlich, dass Bernhard Frank sich als Deutscher
in Estland vor allem in der dortigen deutschen Gesellschaft bewegt und
sich von der Bevölkerung privat offensichtlich abgrenzt. In seinen
Briefen kommen fast nur deutsche Namen vor: Klerus, Landadel, Kaufleute.
Esten werden in den Briefen überwiegend mit ihren Funktionen benannt,
nicht jedoch mit Namen erwähnt: Dienstmädchen, Kutscher, Landarbeiter,
Posaunenchor, Steuermann und Kapitän. Wenn Bernhard Frank auf estnisch
und gelegentlich auch auf estnisch-altschwedisch predigt, ist aus heutiger
Sicht eine Barriere zwischen Gemeinde und Pastor zu vermuten: Ein Missionar
in einer christianisierten Fremde. In seinem Glauben ist Bernhard Frank
unerschütterlich. Ausserdem ist er in Estland aufgewachsen. Beides
lässt ihn die Kulturunterschiede zwischen Deutschen und Esten als
Teil seines Lebens akzeptieren.
Esten arbeiten auch auf den zum Pastorat gehörenden Ländereien.
Über ihren Arbeitseinsatz wird gelegentlich in den Briefen geklagt.
Bernhard Franks Nachfolger im Amt Traugott Hahn erklärt die Hintergründe:"Die
Bauern, die zum Pastorat gehören, zahlten für ihre Ländereien
dem Pastor keine Geldpacht, sondern leisteten ihm zur Bestellung seiner
Felder im Sommer eine gewisse Anzahl von wöchentlichen Arbeitstagen.
Die denkbar primitivste Wirtschaftsweise! Denn der fronende Bauer hat
ja natürlich nur ein Interesse: seine Arbeit so leicht als möglich
sich zu machen, sein Arbeitsgerät und Tier und sich selbst möglichst
zu schonen. Dennoch ist die Frone .. unbeliebt bei den Bauern (sie ist
ja noch der Rest der alten Schollenpflichtigkeit)."(Traugott
Hahn, Erinnerungen aus meinem Leben, S. 56).
Unterschiede zwischen Deutschen und Esten aus der Sicht Bernhard Franks
lassen sich aus seinen Briefen entnehmen.
Bleistiftzeichnung von Elwine Ude, der Tochter von Elwine
Frank und Enkelin des Pastors Bernhard Frank. Die Zeichnung beruht offensichtlich
auf einer Vorlage, da Elwine Ude nie in Wolde gewesen ist.
Alla
stirbt an Scharlach
Am 5.11.1869 teilt Bernhard Frank
seinen auswärts lebenden Kindern sehr einfühlsam mit, dass deren
Schwester Alla mit 19 Jahren an Scharlach gestorben ist. Er berichtet
über den Verlauf der Krankheit und den Kampf gegen ihren Tod, die
Beerdigungsvorbereitungen und die Isolierung der Familie aus Angst Ansteckung.
Scharlachepidemie
beeinträchtigt Weihnachtsfeier
Der nächste Brief vom
31.12.1869: Tochter Elwine will ihre Stelle auf dem einsamen Gut Camby
bei Dorpat verlassen und über Reval nach Petersburg oder Moskau gehen.
Pfarrer Lutker, ein Jugendreund von Pastor Frank stirbt, der Arensburger
Pfarrer Girgensohn wird Superintendend von Reval. Scharlach rafft mehr
Menschen dahin als Kinder geboren werden. Sohn Erwin hat ein passables
Zeugnis bekommen. Und immer wieder Krankheiten und schlechtes Wetter...
Bleistiftzeichnung von Elwine Ude, der Tochter von
Elwine Frank und Enkelin des Pastors Bernhard Frank
Elwine
zieht es in die Grossstadt
Ärger mit der Post. Elwine
fängt in Reval im Haushalt der Generalin an zu arbeiten. Bernhard
Frank warnt seine Tochter vor den Gefahren der Großstadt. Der Winter
beeinträchtigt die Gesundheit der Menschen und ihre Reisemöglichkeiten.
Neues aus der Kirche.
Pastor Frank schimpft
mit Elwine
Elwine hat das angeforderte Garn
nicht geschickt und bringt den Vater dadurch in Schwierigkeiten. In einem
beigefügten Gedicht ist die Rede vom Abschiedsschmerz alternder Eltern
bei der Abnabelung ihrer erwachsen werdenden Kinder.
Unfall
mit dem Pferdeschlitten
Das Schlittenpferd geht durch, eine Wolfsjagd wird abgehalten. Bernhard
Franks Sohn Hans kehrt von einer auswärtigen Anstellung zurück
nach Wolde und plant, für seine weitere berufliche Entwicklung russisch
zu lernen.
Pferdeschlitten als Pflanzgefäss im Vorgarten eines
Hauses im Baltikum.
Moderne Landwirtschaft
und - Geld nur für den Sohn
Sohn Hans probt erntesteigernde Methoden in der Landwirtschaft. Der
Konfirmandenunterricht schlaucht, weil er mit 50 Knaben im Esszimmer stattfinden
muss. Elwine ist knapp mit Geld, Bruder Hans auch. Der Vater gibt das
wenige eher dem Sohne.
Neue
Nebentätigkeit auf der schwedischstämmig
besiedelten Insel Runoe
Während Schwiegersohn Wilhelm Bergwitz darauf verzichtet, seine Pfarre
in Pernau gegen eine in Saara zu tauschen, nimmt Bernhard Frank zusätzlich
die Pfarre auf Runoe an. Der Rubel lockt, die Schulden drücken...Dafür
muß er sein schwedisch aufpolieren. - Die Kirche dort ist eine der
ältesten Holzkirchen der Region.
Schwedisch
vergessen, auf Ösel drischt ein
dampfbetriebenes Locomobil
Bernhard Frank kann sein schwedisch nicht schnell genug aufpolieren, um
auf Runoe auch in der Landessprache predigen zu können. Sohn Hans
ist trotz der Skepsis des Vaters neuer Technik aufgeschlossen. Mindestens
50 Rubel investiert er, um sein Korn mit dem Locomobil aus Riga direkt
auf dem Felde dreschen zu lassen.
Modell eines Locomobil-Tandems, das über Stahlseile einen Pflug über den Acker zieht. (Modell: Agrarium Freilichtmuseum Kieckeberg/Hamburg)
Pelzmütze,
Champagnertaufe - der ganz normale Alltag
Pauline Fock verlobt
sich mit dem Pastor Kaehlebrand von Andern.
Die neue Pelzmütze soll nicht seidenes, sondern
ein ledernes Futter haben. "Leider
sind so wenig Hände zu haben, da die meisten Kerle zur Arbeit auf´s
Festland gegangen sind u. die Preise für die Arbeit hoch sind. Heute
sind 8 Geldarbeiter auf dem Kartoffelfelde beschäftigt, das Unkraut
u. die Ackerberenstengel ausreißen."
Bernhard Franks
Geburtstagsparty - gleich nach der
Rückkkehr von Runoe
Bernhard Frank hat die Seereise mit dem Segler zur Nachbarinsel Runoe
gut überstanden. Sein folgender Geburtstag wird gross gefeiert: 28
Gäste, das Pfarrhaus platzt aus allen Nähten. In Arensburg hat
sich Pastor Törne beworben, den es dorthinzieht, um seinen 7 Söhnen
Schulunterricht ohne Pensionsunterbringung zu ermöglichen. Das Gehalt
ist bei so vielen Kindern zu knapp bemessen.
Zweite Reise nach
Runoe erfolgreich, Sieg im
deutsch-französischen Krieg gefeiert
Bernhard Frank hat während seiner zweiten Reise nach Runoe viel Zeit,
die Insel zu erkunden. Informationen über den deutschen Sieg bei
Weißenburg über französiche Truppen erreichen Ösel
auf komplizierten Wegen.
Seit etwa 100 Jahren (1896) gibt es die Brücke über
den kleinen Sund zwischen Muhu und Saaremaa. Bernhard Frank musste noch
das Ruderboot nehmen, um die 3 km Ostsee zu überwinden. Im Bild die
Anlegestelle aus jener Zeit in Orissaare/Saaremaa.
Bernhard Frank zurück
aus Reval
Bernhard Frank beschreibt seine Schiffsreise von Reval nach Ösel.
Eine Bekannte von Ösel wird in Berlin geisteskrank und dort behandelt.
Wolf reisst Schaf
in Wolde - John geht auf die Jagd
Bernhard Frank fühlt sich einsam, weil seine Kinder immer unterwegs
sind. Er liest Zeitung und verfolgt aufmerksam die Ernte von Gut Wolde,
das zum Pastorat gehört.
Das Gut Cölln (Lööne mõis) in der
Nähe von Wolde (Valjala) war häufiger Anlaufpunkt für die
Familie Frank. Baron Eugen Buxhöwden ist Besitzer des Gutes, das
im Kirchspiel Wolde liegt. Gleichzeitig ist er auch Kirchenvorsteher.
Bernhard Frank ist krank, der kleine Sund friert zu und
die Post bleibt liegen
Ausserdem holt der Habicht eine schöne Henne, ein grosser
Wolf zeigt sich, verschwindet und lässt sich einfach nicht erschiessen.
Der erste Schnee fällt, fürs die Pferdeschlitten reicht er jedoch
noch nicht.
Pastor Gahlebaeck
informiert die Familie über den Tod
von Bernhard Frank
Gahlebaeck, Pastor in Pyha/Ösel schreibt an Pastor Bergwitz in Pernau,
der Franks Tochter Marie geheiratet hat.
Adele Frank
besucht Wolde drei Jahre nach ihres Vaters Tod
die Schwestern Adele und Christel Frank reisen 1873 nach Ösel und
besuchen u.a. den Nachfolger von Bernhard Frank, Pastor Traugott Hahn.
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Pastor Bernhard
Frank
Stammbaum Bernhard Frank
Spurensuche in 2003
Besuch
in Estland
Spurensuche
2004
Spurensuche 2006:
Finnland im Herbst
Alle Briefe im Überblick:
Alla stirbt an Scharlach
Scharlachepidemie
beeinträchtigt
Weihnachtsfeier.
Elwine zieht es in die
Großstadt
Pastor Frank schimpft
mit Elwine
Unfall mit dem Pferdeschlitten
Moderrne
Landwirtschaft und -
Geld nur für den Sohn
Schwedisch
vergessen, auf
Ösel drischt ein
dampfbetriebenes Locomobil
Bernhard
Franks
Geburtstagsparty -
gleich nach der Rückkkehr
von Runoe
Zweite
Reise nach Runoe erfolgreich, Sieg im deutsch-französischen
Krieg gefeiert
Bernhard
Frank zurück
aus Reval
Wolf
reisst Schaf in Wolde -
John geht auf die Jagd
Pastor
Gahlebaeck informiert
die Familie über den Tod
von Bernhard Frank
Ortsnamen
früher / heute
Reval = Tallinn
Wolde = Valjala
Arensburg = Kuressare
Ösel = Saaremaa
Pernau = Pärnu
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Beilage1. zu
No. 123 der Lübeckischen Anzeigen,
den 29. Mai 1869.
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